Zur Debatte um die Zeitschrift »Autonomie«
Die »alt-autonome« 80/81er Linke sucht seit einiger Zeit nach neuen theoretischen Grundlagen, um ihre Niederlage aufzuarbeiten. Diese Bestrebungen überschneiden sich mit Bedürfnissen nach weitergehenden Perspektiven, wie sie aus den neuen Bewegungen heraus formuliert werden. Die Frage nach einer revolutionären Strategie erhält dadurch neue Aktualität. In diesem Zusammenhang ist auch die letzte Nummer der Zeitschrift »Autonomie« auf ein größeres Interesse gestoßen, da sie beansprucht, aus den vorgelegten historischen Untersuchungen eine sozialrevolutionäre politische Linie zu entwickeln.
Wir selbst haben ein paar Jahre lang an der Debatte innerhalb der »Autonomie«-Redaktion teilgenommen. Trotz einiger politischer Differenzen war uns das damals wichtig, weil die »Autonomie«-Redaktion der einzige Ort war, an dem Revolutionäre eine Debatte über die weltweiten Klassenkämpfe zu organisieren versuchten. Für uns bedeutete es einen Verlust, als aufgrund wachsender politischer Differenzen die weitere Zusammenarbeit nicht mehr möglich war. Mit dem Zerfall der »Autonomie«-Redaktion hat eine globale revolutionäre Diskussion in der BRD praktisch nicht mehr stattgefunden. Wenn wir jetzt damit anfangen, diese politischen Differenzen mit der »Autonomie« öffentlich auszutragen, so aus zwei Gründen: zum einen finden wir es total notwendig, die Revolution als ein weltweites Thema zu behandeln, und wollen in den nächsten Heften dazu selber mal einiges auf Reihe kriegen. Zum anderen sind einige Positionen in der letzten »Autonomie« nun so deutlich formuliert, daß wir es unerläßlich finden, diese zu kritisieren. Wogegen wir uns wenden, ist die politische Orientierung im Vorwort und die politische Rolle, die sich die Autoren darin selber zusprechen:
Das Vorwort stellt einen Aufruf an die autonome Linke dar, sich aus den Klassenkämpfen in den Metropolen herauszuhalten. Einer revolutionären Linken wird eine Avantgardefunktion zugewiesen, mit der der emanzipatorische Anspruch auf Selbstbefreiung des Proletariats aufgegeben wird.
Dies ist keine Unterstellung oder ein Mißverständnis von uns, sondern ergibt sich sehr konsequent aus der Argumentation im Vorwort (und aus der Art und Weise, wie Versatzstücke daraus als neue Legitimation autonomer Politikkonzepte verwendet werden!). Auch wenn hier allgemein von einer »Verankerung im hiesigen Sozialprozeß« die Rede ist, wird diese letztlich als aussichtslos abgetan.
In einem ersten Schritt werden metropolitane Arbeiterklasse und trikontinentales Proletariat in einen scharfen Gegensatz gebracht: erstere sei durch »goldene Fesseln« und »glitzernde Befriedigung« an die Ausbeutung geschmiedet und ins Kapitalverhältnis integriert; die Zersetzung der Arbeiterklasse durch ihre reelle Subsumption im Produktionsprozeß und im Reproduktionsbereich hätten die historische Basis von Klassenwiderstand endgültig vernichtet. Da die industrielle Arbeiterklasse mit ihren reformistischen und Lohnforderungen sich immer innerhalb des Kapitalverhältnisses bewege, könnten nur die trikontinentalen Massen eine revolutionäre Qualität entwickeln, da sie noch über Räume, Zusammenhänge und Werte außerhalb des Kapitalverhältnisses verfügen. Diese revolutionäre Qualität stehe aber auf verlorenem Boden, da sie zu einer »wirksamen Lähmung der imperialistischen Maschinerie« nicht in der Lage sei. Aus diesem Dilemma, Integration der metropolitanen Arbeiterklasse auf der einen, relative Schwäche der trikontinentalen, revolutionären Massen auf der anderen Seite, kann dann nur ein avantgardistisches Organisationskonzept führen, das den Ersatz für fehlende Kämpfe in den Metropolen bilden soll. Durch die Entwicklung revolutionärer Gewaltmittel soll sie den imperialistischen Verwertungsprozeß blockieren, um damit sowohl dem trikontinentalen Befreiungsprozeß eine Entwicklungsmöglichkeit zu geben, als auch in den Metropolen überhaupt erst Räume für die »Rekonstitution der Klasse« zu eröffnen.
Wir bezweifeln, daß sich dieser politische Vorschlag, den das Vorwort herausarbeitet, tatsächlich aus den einzelnen Artikeln und dem dort ausgebreiteten Material ergibt. Die Artikel haben wir zum Teil mit großer Spannung gelesen, es ist wichtiges Material für die revolutionäre Theoriebildung darunter - das wir teilweise genau entgegengesetzt interpretieren würden! Das Vorwort argumentiert aber explizit politisch und faßt Thesen aus den Nummern 10, 11 und 13 zugespitzt zusammen. Wenn wir also die politische Substanz der Nummer 14 diskutieren wollen, müssen wir das anhand des Vorwortes tun.
Kapitalverhältnis: Feindschaft und Produziertheit
Wenn die »Autonomie« von der Bedeutung des Kapitals als sozialem Verhältnis spricht, geht es ihr um die Feindschaft zwischen Kapital und Klasse. Sie reduziert dabei aber ihren Kapitalbegriff auf den reinen Gegensatz, Autonomie kann sie nur in der absoluten Fremdheit von Kapital und Klasse fassen. Der reale Widerspruch im Kapitalverhältnis besteht aber in der Produziertheit des Kapitals durch die Proletarier auf der einen und der Feindschaft der Proletarier zum Kapital auf der anderen Seite! Das Kapital ist keine Sache, sondern die Art und Weise, wie sich die ArbeiterInnen zu den gegenständlichen Bedingungen der Produktion ihrer Lebensmittel verhalten. Sie sind gezwungen, sich zu ihnen als fremde, von ihnen getrennte Bedingungen zu verhalten, und nur soweit diese objektiven Bedingungen von ihnen getrennt existieren, treten sie ihnen als Kapital gegenüber. Vor jeder Betrachtung des unmittelbaren Produktionsprozesses und der Stellung verschiedener Teile des Proletariats zu ihm oder in ihm muß dieses grundlegende Verhältnis festgehalten werden. Und bei aller Gewalt, die in diesem Verhältnis enthalten ist, müssen wir festhalten, daß die Proletarier dieses Verhältnis mit ihrem eigenen Handeln konstituieren. In der Welt der Erscheinungen verkehrt sich das alles: das Kapital wird zum selbständigen Ding, zum automatischen Subjekt der Geschichte. In Wirklichkeit besitzt das Kapital keine eigene Subjektivität, sondern eignet sich nur die der Proletarier an; oder, von der Seite der wirklichen Subjekte her formuliert: die Proletarier verhalten sich zu den gemeinsamen Bedingungen ihrer Reproduktion als ihnen fremde, als Kapital. Das hat nichts mit einem bürgerlichen Begriff von Freiwilligkeit zu tun, sondern führt die Versteinerungen des Kapitalverhältnisses auf die eigentlichen Akteure der Geschichte zurück. Die Proletarier machen ihre Geschichte selbst, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken.
Diese Seite des Verhältnisses festzuhalten, ist uns deswegen so wichtig, weil sie den materialistisch ausgewiesenen Anspruch auf Befreiung enthält. Nur weil die Proletarier in ihrem Handeln das Kapitalverhältnis konstituieren und täglich reproduzieren, können sie die Macht bilden, dieses Verhältnis aufzuheben. Konkret gesprochen: wir müssen gegen die ganzen kapitalistischen Mystifizierungen herausstellen, daß die geschichtlichen Entscheidungen nicht in den Konzernzentralen fallen, sondern vom Handeln der Milliarden Proletarier bestimmt werden, auf die sich alle imperialistischen Planungen und Projekte beziehen müssen.
Die Unterschiedlichkeit dieser beiden Herangehensweisen drückt auch unterschiedliche theoretische Bedürfnisse aus: gegenüber einer akademischen Linken, die immer wieder ihre rasante Korruptionsbereitschaft und Aussöhnungssbedürfnisse belegt hat, ist dies Beharren auf der Feindseligkeit ein moralischer Orientierungspunkt. Das Erfordernis einer moralischen Selbstvergewisserung klingt in den Texten der »Autonomie« immer wieder an. Für die Masse der Proletarier gibt es aber wenig zu entscheiden, was die Seite der Barrikade angeht, für sie ist nicht ihre Feindschaft zum Kapital, ihr Haß auf die Arbeit und das Gewaltverhältnis das problematische, sondern die Frage, wie sie gegen ihre Atomisierung im Produktions- und Reproduktionsprozeß zur gesellschaftlichen Macht werden und das Kapitalverhältnis zerschlagen können. Von diesem Bedürfnis her wird es zentral, alle Mystifizierungen des Kapitals als selbständiger Macht aufzulösen, die Geschichte und das gesellschaftliche Verhältnis auf seinen Ursprung im Handeln der Proletarier zurückzuführen.
Verwertung oder Vernichtung - ein falscher Gegensatz
Die Trennung von den gegenständlichen Bedingungen der Reproduktion zerreißt die unmittelbare Einheit von bäuerlicher Arbeit und gesellschaftlichem »Besitz« am Boden in die mehrwertschaffende abstrakte Arbeit und die kapitalisierten Produktionsbedingungen. Die Ausdehnung der Mehrwertproduktion ist der Zweck der Kapitalentwicklung. Dagegen wendet die »Autonomie« ein, das habe noch für die Proletarisierung breiter Schichten im 19. Jahrhundert gegolten, sei aber von der aktuellen Entwicklung des Weltkapitals überholt, die nur noch auf die Produktion von Leichenbergen ziele. Diese Gegenübersetzung von Verwertung und Vernichtung suggeriert eine recht gemütliche Vorstellung von der »Einverleibung der lebendigen Arbeitskraft ins Kapital« (Arbeit ist Gewalt und keine »marginale Gewaltsamkeit«!) und macht die tatsächliche Massenvernichtung zu einer materialistisch nicht mehr begreifbaren Realität. Einverleibung von Arbeitskraft hat schon immer Vernichtung bedeutet, für die verhungerten und abgeschlachteten Proletarier des 16., 17., 18. oder 19. Jahrhunderts genauso wie für große Teile der heute Proletarisierten, die die Gier des Kapitals nach lebendiger Arbeit nur als ihre Vernichtung erfahren. Die Vernichtung resultiert aber aus der Gier: für die Kapitalisierung der Produktionsbedingungen und die darauf fußende Unterordnung der lebendigen Arbeit unters Kapitalkommando braucht das Kapital Leichenberge als politisches Instrument. Die Gegenübersetzung von Verwertung und Vernichtung verharmlost das Wertgesetz, macht es zu einem friedlich ökonomischen Faktum, statt die scheinbare Sachlichkeit des Ökonomischen zu kritisieren, die Destruktivität als den Inhalt des Werts zu enthüllen.
Die gedankliche Struktur ist wieder dieselbe: um einen reinen Gegensatz zwischen Kapital und Klasse konstruieren zu können, wird das Verhältnis zwischen beiden geleugnet. Das Kapital beruht nicht mehr auf lebendiger Arbeit, womit es angreifbar wäre, sondern es verflüchtigt sich zum puren Vernichtungstrieb, demgegenüber die Proletarier sich nur in der Einforderung ihrer nackten Existenz als Klasse konstituieren können.
Die Klasse setzt sich zusammen - sie ist keine »Mehrheit«
In Abgrenzung zu einem produktivistischen Klassenbegriff, der die Klasse auf ihre Existenz als Arbeitskraft reduziert, entwickelt die Autonomie aus den Kämpfen des Vormärz einen Klassenbegriff, der ausschließlich an dem Kampf um die Subsistenzmittel festgemacht ist. Damit kann nicht gemeint sein, daß sich Klassenkämpfe stets um das Überleben, die eigene Existenz drehen, sei es in der Einforderung eines Brotpreises, im Kampf um Lohn oder im Kampf gegen die Vernichtung in der Arbeit - dies wäre nur eine Plattheit. Der »Autonomie« geht es um die spezifische Konstitution von Kämpfen in Situationen, wo die Proletarier noch an den Lebensbedingungen einer agrarischen Subsistenzökonomie anknüpfen. Den »produktivistischen Klassenbegriff« erklären sie für »nicht geeignet« in bezug auf die heutige »Mehrheit« des Weltproletariats. Dieses ließe sich nur in »Analogie zur Klassenkonstitution im 19. Jahrhundert« begreifen. Damit grenzen sie die industriellen Teile des Proletariats weltweit (!) aus ihrem Klassenbegriff aus.
Mit einem Begriff des Kapitalverhältnisses, wie wir ihn oben entwickelt haben, läßt sich an der Einheit des Weltproletariats festhalten - als Einheit gegenüber den von ihnen getrennten Produktionsbedingungen. Von dieser Einheit ausgehend lassen sich dann die unterschiedlichen Existenzbedingungen, besonderen Kampfbedingungen und -formen usw. analysieren. Der produktivistische Klassenbegriff geht dagegen gar nicht in dieser umfassenden Weise vom Kapital als Verhältnis aus, sondern reduziert es auf die unmittelbare Produktion, ohne so überhaupt begreifen zu können, wie denn diese Produktion als kapitalistische bestimmt ist, was Maschinen zu Kapital macht usw. (Zur Klasse werden die Proletarier gerade nicht durch ihre Existenz als Ware Arbeitskraft, sondern gegen sie!!)
Aber auch die »Autonomie« geht nicht von diesem umfassenden Verständnis aus, sondern macht den gleichen Fehler umgekehrt: sie filtert die Wirklichkeit nach ihrem vorgefaßten Klassenbegriff. Der Landarbeiter im Agrobusiness fällt dabei genauso heraus wie der metropolitane Fabrikarbeiter.
Von der begrifflichen Einheit des Proletariats innerhalb des Kapitalverhältnisses auszugehen, bedeutet politisch, nicht von irgendeiner »Mehrheit« eines Teils des Proletariats auszugehen, sondern von der bestimmten Zusammensetzung der Klasse. Mit dem Autonomiebegriff von Klasse läßt sich auch nicht der Kampf in einem trikontinentalen Land begreifen, dazu genügt ein Blick auf die in der »Autonomie« Nr. 10 angeführten Beispiele und historisch die Sichtung des Materials in Ahlrichs Artikel in der Nr. 14. Die politische Brisanz dieser Kämpfe liegt gerade in der Verbindung zwischen bäuerlichen Revolten, industriellen Streiks, großstädtischen Aufständen usw.. Genauso haben wir z.B. in den letzten beiden Artikeln zur englischen Situation versucht, die Verbindungen zwischen traditionellen Klassenkämpfen mit neuem Charakter und den jugendlichen rioters der großstädtischen slums als die revolutionäre Dynamik dieses Kampfzyklus herauszuarbeiten. Wir wollen die existierenden Spaltungen im Weltproletariat damit nicht unterschlagen - im Gegenteil, wir müssen sie kapieren, weil sie die weltweite Ausbeutung funktionieren lassen. Aber es ist nicht unsere Sache, diese Spaltungen festzuschreiben. Es sind Spaltungen des Kapitals, gegen die wir die potentielle Einheit in den Kämpfen setzen müssen!
Das Bild der kapitalistischen Entwicklung, das in der »Autonomie« gezeichnet wird, unterstellt eine geradlinige Tendenz der Integration ins Kapital. Eine Integration, die keine Auswege mehr zuläßt. Von dieser Perspektive her wird es dann plausibel, den einzig revolutionären Impuls in einem »noch nicht« vom Kapital Einverleibten zu suchen. Woher sollen auch in einer mehr und mehr abgeschotteten Welt, einem »eindimensionalen Denken« (die Argumentation ist in der Tat dieselbe wie bei Marcuse!) noch Impulse einer grundsätzlichen Sprengung des Kapitalverhältnisses kommen?
Historisch gesehen ist dieses Bild eine Fiktion. Jeder neue Angriff des Kapitals auf die Klasse und ihre Reproduktionsbedingungen ist eine Antwort auf ein sprengendes Klassenverhalten, müht sich daran ab, daß die Klasse sich aus dem Inneren des Kapitalverhältnisses heraus immer wieder gegen ihr eigenes Dasein als Teil des Kapitals stemmt. In diesem Sinne bleibt die »Autonomie« selbst widersprüchlich, denn einerseits sucht sie nach einem Bezugspunkt für revolutionäre Qualität, der ganz außerhalb des Kapitals liegt, andererseits sieht sie auch, daß die Normen der Subsistenz einem agrarfeudalistischen Zwangsverhältnis entspringen, die erst in der Konfrontation mit dem Kapital, also der anfänglichen Existenz des Kapitalverhältnisses zur Formulierung revolutionärer Bedürfnisse transformiert werden.
Die historische Entwicklung des Kapitals ist umsoweniger ein einseitiger Abschottungsprozeß, als das Kapital bei jedem Versuch der erneuten Integration der Klasse auf deren eigene Kreativität, Dynamik und Energie zurückgreifen muß. »Kapitalisierung der Revolte« hieß es 1970. In Bezug auf die trikontinentale Situation zeigt der jüngste Bericht an den Club of Rome (»Revolution der Barfüßigen«), wie das Kapital bemüht ist, ausgehend von der Selbstorganisation der Bauern dieselben Verhaltensweisen, die die Kämpfe und Revolten tragen, zum Motor eines Akkumulationsprozesses machen zu können, nachdem die staatlichen Programme zur Rekrutierung dieser Arbeitskraft gescheitert sind.
Zersetzung ist stets Zusammensetzung
Die Linearität der fortschreitenden Integration wird von der »Autonomie« mit der Auffassung der reellen Subsumption als reiner »Zersetzung« (»Dekomposition«, s. auch Nr. 13) begründet. »Die gesellschaftliche Existenz selbst ist der Tendenz nach nur als nicht abreißende Kette von Mehrarbeit begreiflich, geleistet von Monaden, die technologisch zu einem Gesamtarbeiter kombiniert werden, ohne dies noch begreifen zu können.« (S. 213) Dies ist das politische Wunschbild des Kapitals, aber nicht die Realität:
Die technologische Neuorganisation der Arbeit ist zunächst Zersetzung, indem sie die Klasse als politische Macht zersetzt. Aber sie kann dies nur, indem sie die Macht der gesellschaftlichen Arbeit weiter entwickelt. Eine Gesellschaftlichkeit, die dem einzelnen Arbeiter als seine Atomisierung erscheint, eine Macht, die für die Proletarier zunächst als Ohnmacht erscheint. Ihre alten Verhaltensweisen, ihre Kollektivität laufen ins Leere. Die Macht der gesellschaftlichen Arbeit erscheint als Übermacht eines toten Dings, des Kapitals. Diese Macht zwingt die Arbeiter aber zu einer erweiterten Kooperation, und in dieser gesellschaftlichen Existenz findet die Klasse immer wieder den Ansatzpunkt ihrer politischen Macht. Das gilt nicht weniger für die Kämpfe, die die »Autonomie« in den Mittelpunkt stellt. Die kleinbäuerlichen Kämpfe kollektivieren sich nicht nur in den traditionellen dörflichen Strukturen, sondern gegen die gemeinsame Subsumtion unter das Kapitalverhältnis, das in der »grünen Revolution« durchgesetzt wurde und sie zu faktischen Lohnabhängigen von Banken und Agrobusiness gemacht hat.
In diesem Prozeß konstituiert sich das Proletariat zur Klasse, indem es seine eigene vom Kapital erzwungene Gesellschaftlichkeit als Kollektivität gegen das Kapital wendet.
So wie die Klasse sich diese Gesellschaftlichkeit ihrer Arbeit in jedem einzelnen Produktionszyklus aneignen kann und darin die Basis ihrer Macht entdeckt, so entwickelt auch der Weltmarkt den gesellschaftlichen Zusammenhang zwischen ganz verschiedenen Ausbeutungssituationen über alle nationalen Schranken hinweg. Dieser Zusammenhang wird vom Kapital als sein destruktives Kommando entwickelt, der Weltmarkt erschlägt im wörtlichen Sinn Menschen. Aber zugleich zirkulieren die Kämpfe durch diesen Zusammenhang, wie wir es schon in der Revolte Ende der 6Oer Jahre erlebt haben, als sich die Kämpfe des multinationalen Massenarbeiters - von den USA bis Argentinien - mit den Revolten der Unentlohnten, der Bauern und den Kämpfen der Befreiungsbewegungen verbanden.
Wir wollen in Zukunft zu genaueren Untersuchungen der Klassenzusammensetzung in verschiedenen Regionen oder Ländern kommen, die deren ganze Vielfalt und Dynamik rüberbringen, was intensive Kontakte zu den dort Kämpfenden und ihren autonomen Organisationen voraussetzt. Auf dieser Grundlage werden wir uns Klarheit über die aktuelle Perspektive der globalen Revolution verschaffen können.
In der nächsten Nummer werden wir anhand einer genaueren Besprechung von »Revolution der Barfüßigen« Leit-Thesen für diese Untersuchungen formulieren. Einige Projekte haben wir angepeilt. Hinweise, Kontakte und Mitarbeit von anderen GenossInnen an dieser Arbeit sind uns sehr willkommen.