Kuwait
Projekt »Arbeitsmoral« gescheitert
Seit 1980 versuchen die herrschenden Cliquen der Scheichtümer am Golf die Zahl der eingewanderten ArbeiterInnen zu verringern und die Einheimischen wieder mehr in den Arbeitsprozeß zu integrieren. In vielen aufeinanderfolgenden Repressionswellen wurden die Lebensbedingungen der »GastarbeiterInnen« verschärft, ständige Rotation durchgesetzt. Aber in Bezug auf die Arbeitsmoral der Einheimischen gab es keine Erfolge.
Die Besetzung Kuwaits schien den Planern des Emirs als »goldene Gelegenheit«, in dieser Hinsicht einen gewaltigen Schritt nach vorne zu tun. Der »Neuanfang« sollte benutzt werden, um die Anzahl der ausländischen Arbeiter so dramatisch zu verringern, daß die Kuwaitis »keine andere Wahl« mehr haben sollten, als selber mit anzupacken. (s. Wildcat 54)
Die erste Maßnahme war die Verfolgung der Palästinenser, deren Zahl von 400 000 auf 150 000 zurückgegangen ist. In den Wochen nach der Besetzung Kuwaits durch die US-Truppen wurden Palästinenser und andere Araber von »privaten« Lynch-Kommandos (in denen sich auch Mitglieder des Sabbah-Clans hervortaten) und offiziellen Armeeeinheiten verhaftet, gefoltert, aus ihren Häusern getrieben, viele umgebracht.
Die Vertreibung der Mehrheit der Palästinenser ist das einzige Ergebnis des Krieges, das möglicherweise Bestand haben wird. Aber nur möglicherweise. Die Kuwaitis erfüllen nämlich die in sie gesetzten Erwartungen nicht. Anfang August war kaum mehr als die Hälfte der Kuwaitis zurückgekehrt. Beides - das Fehlen der Palästinenser und vieler Einheimischer - hat die Normalisierung des öffentlichen Lebens in Kuwait so weit behindert, daß sogar das internationale Finanzkapital zögert, die verlangten Kredite zu geben. Die Opposition ist stärker geworden. »Kuwait ist nicht mehr das attraktive Risiko, das es mal war«, schreibt der Middle East Economic Digest, »für einige Banker sind da zu viele offene Fragen, vor allem das Ausmaß der Zerstörung der Ölfelder und die politische Stabilität im Lande.« (Meed, 9.8.91)
Um »die Leute zu besänftigen«, benutzt der Sabbah-Clan ein altes, aber teures Mittel: Geldgeschenke. Jede Familie, die in Kuwait geblieben war, hat sofort $ 1750 bekommen, ihre Schulden wurden gestrichen. Es gibt einen Plan, alle finanziellen Verluste so auszugleichen, daß eine Familie bis zu $ 70 000 bekommen kann. Es wird geschätzt, daß diese Geldgeschenke am Ende fünfmal so viel kosten (6-7 Mrd $), wie die Reparatur der Gebäudeschäden.
Das alles führt natürlich nicht dazu, daß sich die Kuwaitis in Arbeit stürzen: »Außer den Ministern, hohen Beamten und Ingenieuren haben die Kuwaitis wenig Interesse gezeigt, sich um ihre Regierung zu scharen und bei der Wiederherstellung der administrativen Infrastruktur zu helfen. Stattdessen haben viele es vorgezogen, nach Hause zu fliegen, ihre Geldgeschenke zu kassieren und dann ihre Ferien wiederaufzunehmen ... Einigen Berichten zufolge besteht das unmittelbarste Bedürfnis darin, einen Diener oder eine Hausangestellte einzustellen ... Ungefähr 60 000 Frauen stehen in Sri Lanka bereit, um nach Kuwait zu kommen - verglichen mit einer Zahl von 100 000 vor der Invasion.« (Meed,9.8.91)
»Insgesamt gehen die Experten davon aus, daß ziemlich bald die Abhängigkeit von ausländischer Arbeitskraft wieder auf das Vorkriegsniveau steigen wird.« (Meed,17.5.91)