Wildcat-Sonderheft Krieg 2003 - März 2003 - S. 30 [wk3magde.htm]


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Magdeburg

Auch in Magdeburg gibt es zahlreiche Aktionen gegen den Krieg. Neben den regelmäßigen Mahnwachen und Montags-Kundgebungen gegen den Krieg, mit jeweils ein paar hundert TeilnehmerInnen, haben immer wieder kommunale Einrichtungen, aber auch mancher Verein gegen den Krieg mobil gemacht. Die meisten Schulen haben auf Initiative eines Schülerrates weiße Fahnen aus den Fenstern gehängt, im Theater gibt es Sondervorstellungen gegen den Krieg, und die Bäcker verkaufen »friedliche Amerikaner« mit CND-Emblem (Campaign for Nuclear Disarmament). Auch der OB will nicht abseits stehen und hängt sich schon mal ein weißes Fähnchen ans Jacket. In der Lokalzeitung wird - im Gegensatz zu den Kriegen mit deutscher Beteiligung - recht ausführlich noch über die kleinste Aktion - auch aus den umliegenden Kleinstädten - berichtet und fast täglich kriegskritische Leserbriefe veröffentlicht.

Inzwischen dürfte auch so manches Überstundenkonto bei der Polizei überlaufen. Und nicht nur wegen der Antikriegsaktionen und den inzwischen schon zum Stadtbild gehörenden Demos von Linken gegen rechte Gewalt und Rechten gegen linke Gewalt. Neu ist, daß auch immer wieder Betroffene gegen die jüngsten Kürzungen der Stadt auf die Straße gehen. Da laufen mal hundert Jugendliche gegen die Schließungen ihres Klubs durch die Stadt, mehrere Tausend Eltern demonstrieren gegen die Kürzungen in der Kinderbetreuung, immer wieder protestieren Schüler gegen die beschlossene »Abwicklung« ihrer Schulen, und gerade rief das Kinderfilmstudio zur Demo gegen die geplante Schließung auf. Kürzlich gab es an einem Tag sogar drei Demos und ein Fußballspiel gleichzeitig.

Von einer sich formierenden Bewegung zu sprechen, ist vermutlich noch zu früh. Es ist nicht recht auszumachen, inwieweit die derzeitige Haltung der Regierung zum Krieg die Motivation vieler »Friedensbewegter« befördet hat. Die meisten sind aber wohl eher dadurch motiviert, dass es gegen die Amis geht - kaum jemand demonstriert für Schröder.

Dennoch spürt man insgesamt langsam, dass die aktuell angesagten Kürzungen an die Substanz Vieler gehen und manche eben nicht mehr alles hinnehmen wollen.

Von Magdeburg fuhren auch vier Busse von GEW und ÖTV nach Berlin (die sogar in der Lokalpresse angekündigt wurden, ein bisher einmaliger Vorgang), zu 80% PDS und/oder GewerkschafterInnen im reiferen Alter. Dort angekommen, war es schwierig, die eigentliche Demo zu finden, da die Straße alle voller Menschen waren. Die meisten waren überwältigt von der massenhaften Beteiligung, mit der (jedenfalls in diesem Ausmaß) wohl keineR gerechnet hat.

Neben einigen Weitersogerhard-Transpis und Leuten mit Aufklebern von den Grünen, gab es unzählige selbstgemachte, oft auch phantasievolle Schilder und Transparente ohne Kennzeichen irgendwelcher Organisationen. Die meisten Texte waren wohl eher naiv-pazifistisch Inhalts, manchmal auch mit antisemitischen Untertönen. Es gab hier und da aber auch welche gegen die indirekte Beiteiligung Deutschlands.

In der Demo gab's fast immer schöne laute Musik, die Leute waren fröhlich, und es waren häufig - ok, meist ziemlich nervige - Sprechchöre zu hören. Auch die üblichen AktivistInnen hatten die Mobilisierungsfähigkeit der »Massen« wohl eher unterschätzt, die Flugblattverteiler waren ihre Teile so schnell los, daß es Interessierten kaum möglich gewesen sein wird, sich über den Standpunkt Trotzkis zur Kriegsfrage zu informieren. Mal sehen, wie viele der ErstdemonstrantInnen auf den Geschmack gekommen sind...


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