Interview mit einer Hamburger Lehrerin zur vollen Halbtagsgrundschule
Der Hamburger Senat hat Pläne veröffentlicht, von denen wir aus der Presse erfahren haben, daß die volle Halbtagsgrundschule in Hamburg eingeführt werden soll. Das bedeutet: stufenweise soll verwirklicht werden, daß die Kinder in Zukunft von 8 bis 13 Uhr verbindlich in der Schule sein sollen. Bis jetzt haben die Kinder unterschiedliche Stundenpläne: die ersten Klassen z.B. haben 19 Wochenstunden, die vierten Klassen 23 Stunden. Das soll jetzt für alle verbindlich auf 27 Wochenstunden angehoben werden. Das Ganze ist eine Reform zum Nulltarif. Sie soll finanziert werden durch Umschichtung aus anderen Bereichen, z.T. wird sie finanziert durch die 1 Stunde Mehrarbeit, die wir leisten sollen. Zweitens ist ein erheblicher Teil Umschichtung aus anderen Schulen, daß z.B. Gymnasiallehrer an der Grundschule unterrichten sollen und auch aus dem Hort. In der Zeit, in der die Kinder alle in der Schule sind, sollen die Horte für Grundschulkinder geschlossen werden. Das bedeutet für die Hort-Erzieher, daß sie z. B. zwangsweise auf Teilzeit gehen sollen, es sei denn sie erklären sich bereit, in der freiwerdenden Zeit morgens Kleinkindergruppen aufzunehmen, also die 3-6-jährigen. Das ist meiner Meinung nach auch der eigentliche Sinn der Reform zum Nulltarif. Eine Sparmaßnahme, um diesen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz zu gewährleisten. Es sollen Plätze einfach freigeschaufelt werden.
? Was bedeutet das jetzt konkret für die Lehrer?
Wir sind sowieso schon der Auffassung, daß die Sparmaßnahmen in der letzten Zeit unsere Arbeitsbedingungen ständig verschlechtert haben, als auch die Lernbedingungen der Kinder. Wir haben zu wenig Geld für die Kinder, die Ausstattung ist schlecht, und die Klassen werden immer größer. Die Orientierungsfrequenz in Hamburg hat sich in den letzten Jahren soweit erhöht, daß sie jetzt bei 26 plus 10% liegt, d.h. daß bis zu 29, 30 Kinder in einer Klasse sein können.
An vielen Grundschulen wie gerade in einem Stadtteil wie Altona, wo vorwiegend sehr engagierte Lehrer arbeiten, versuchen diese, Reformpädagogik in das staatliche Schulwesen reinzubringen. Die Praxis ist die, daß viele Kollegen sehr viel Geld selbst reinbuttern und sehr viel Zeit brauchen und einsetzen, um dieses schlechte Schulsystem und diese Bedingungen einigermaßen für sich selbst und auch für die Kinder erträglich zu machen. Das sieht bei mir so aus, daß ich sogar sehr viele Bücher selbst kaufe und selbst bezahle: Bücher, die die Kinder gerne lesen möchten, Tierbücher, weil ich meine Arbeitsbedingungen auch erleichtere, wenn genug Material in der Klasse ist. Ganz zu schweigen von den ganzen Bemühungen, offenen Unterricht zu machen und auf die Lebensbedingungen der Kinder einzugehen. Mit dieser Reform wird sehr viel zunichte gemacht. Das heißt, die Möglichkeit die Kinder in kleinen Gruppen zu fördern. Die Teilungsstunden, die wir haben - daß zwei Kollegen zusammen in einer Klasse sind, entweder in einem Raum oder die Klasse in zwei verschiedenen Räumen - werden nicht entsprechend angehoben, sondern es wird einfach nur die Zeit, die die Kinder anwesend sind, so ausgedehnt, daß alle zusammen in einem Klassenraum sein sollen. Viele Schulen haben überhaupt keine entsprechenden Gruppenräume und keine Möglichkeiten, die Kinder auch mal in Kleingruppen unterrichten, mit ihnen spielen oder sie fördern zu können. Es gibt im Moment 20 Präventionslehrer in Hamburger Grundschulen, Sonderpädagogen, die für schwierige Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten da sind. Diese Stellen sollen jetzt eingehen in den normalen Unterricht und nicht mehr als Sonderstunden zur Verfügung stehen. Es werden bestimmte Förderstunden gestrichen. An allen Schulen bedeutet das - wobei sich das in den Problemgebieten noch härter auswirkt, da wir im Moment noch mehr Sonderzuweisung an Stunden haben - daß in kleinen Klassen immer mehr Kinder zusammengepfercht werden. Dazu kommt, daß die Behörde dies den Eltern und der Öffentlichkeit gegenüber als eine verläßliche Grundschule verkauft, d.h. das Modell soll angeblich gewährleisten, daß Eltern und alleinerziehende Mütter zwischen 8 und 13 Uhr berufstätig sein können, weil die Kinder verbindlich versorgt werden. Hier sind viel zu wenig Vertretungsstellen vorgesehen, von wegen Verbindlichkeit, so daß wir Unterricht ausfallen lassen müssen, es geht nicht anders. Die Kinder sollen dann nicht nach Hause geschickt werden, oder wenn die Eltern zu Hause sind in Absprache mit ihnen. Für uns ist aber dann das Problem, daß die Hortkinder nicht wie bisher in den Hort geschickt werden können. Und das wirkt sich natürlich auch wieder gerade in einzelnen Stadtteilen sehr unterschiedlich aus. In Stadtteilen wie Altona, wo sehr viele Kinder tagsüber in Horten untergebracht sind, verschlechtern sich für sie die Bedingungen natürlich besonders.
Nochmal zu dem Punkt, woraus das finanziert wird. Wir sollen jetzt ab Sommer 95 alle eine Stunde länger arbeiten. Die Behörde behauptet, wenn wir statt 27 Unterrichtsstunden, 28 geben, wäre das keine Arbeitszeitverlängerung, weil wir diese eine Stunde Mehrarbeit, Unterrichtsarbeit, aus unserer Vorbereitungszeit nehmen könnten. Sie läßt natürlich offen, was wir dann nicht mehr machen sollen. Und es wird suggeriert, daß wir in der restlichen Zeit sowieso nur auf der faulen Haut liegen. In Wirklichkeit ist dieses Modell der 28. Stunde meiner Meinung nach ein Gehaltskürzungsmodell. Besonders an den Grundschulen gibt es kaum KollegInnen, die Vollzeit arbeiten, weil es ziemlicher Wahnsinn ist 27 Stunden voll zu unterrichten und das Geld auch ausreicht, wenn man etwas weniger arbeitet. Das ist ja bei LehrerInnen bekanntlich so. KollegInnen von mir, die 22 Stunden arbeiten, sind so ausgelastet, als ob sie nen vollen Job hätten. Für die bedeutet diese Stunde Mehrarbeit keine Mehrarbeit, sondern eine anteilige Gehaltskürzung. Sie müssen jetzt nicht statt 22 in Zukunft 23 Stunden arbeiten, sondern ihnen wird einfach eine Stunde weniger bezahlt.
Der Protest der Lehrer richtet sich natürlich gegen die eine Stunde Mehrarbeit bzw. die Gehaltskürzung. Ich denke aber, daß das nicht so eine große Bedeutung hat. Viele KollegInnen sagen: ich würde gerne eine Stunde mehr arbeiten und nehme auch in Kauf, etwas weniger zu verdienen, wenn ich dafür an der Schule andere Arbeitsbedingungen hätte. Das heißt im wesentlichen: kleinere Klassen. Wenn ich statt 28 Kinder 20 Kinder in der Klasse hätte, was eine alte Forderung der Reformpädagogik ist, dann würde das meine Arbeitsbedingungen und auch die Lernbedingungen der Kinder so erleichtern, daß ich dann sogar eine Stunde länger arbeiten würde. Das macht wahrscheinlich auch die Wucht des Protestes jetzt aus, der sich an den Grundschulen immer mehr ausbreitet. Von Woche zu Woche begreifen das die KollegInnen einfach immer besser, was das für sie bedeutet, wenn jetzt nach den Sommerferien stufenweise schon die Einführung stattfindet und Zweitklässler statt bisher 19 jetzt 23 Stunden unterrichtet werden sollen. Es begreifen immer mehr, daß das nicht durchführbar ist und nicht geht.
? Wie ist das denn losgegangen mit der Initiative?
Wir haben von diesen Reformplänen aus der Presse erfahren. Einzelne Kollegien haben dann empörte Briefe an die Behörde geschrieben. Dann gab es die Idee, nicht mehr vereinzelt zu protestieren, sondern sich zusammenzusetzen. Es sind auf den ersten Treffen ständig mehr Kollegen aus den Schulen gekommen. Das ist im Süden Hamburgs ähnlich. Da hat sich auch eine Initiative gegründet. Wir haben auch gesagt, wir arbeiten erstmal nur in Altona, weil wir mehr nicht leisten können und wir unterstützen alle anderen, in ihren Stadtteilen auch so zu arbeiten.
Das interessante an dieser Initiative ist: wir haben das extra nicht als gewerkschaftliche Initiative gegründet, sondern alle Kollegien eingeladen und das - denke ich - macht auch mit die Breite aus und die Kraft, die wir entwickeln können, denn es sind ganz normale KollegInnen dabei, CDU-KollegInnen, auch bewußt nicht in der Gewerkschaft arbeitende, auch konservative KollegInnen. Das ist im Moment für uns kein Problem, weil man sich sehr gut ergänzt, sich auch aufeinander beziehen kann und es da im Moment keine Spaltung gibt. Ich denke, daß eine Spaltung zukünftig angelegt sein wird, weil die CDU sehr auf Freiwilligkeit dieser ausgedehnten Schulzeit drängt, also auf dem Standpunkt steht, daß nicht in das Recht der Familie eingegriffen werden darf, ihre Kinder zu betreuen, und daß die Schule sich auf Unterricht beschränken soll. Von daher fordern sie Freiwilligkeit und wir sagen: wir haben nichts gegen diese Freiwilligkeit, solange die Schulen so sind, wie sie sind und sie sind wirklich nicht so, daß man Eltern guten Gewissens empfehlen kann, ihre Kinder in diese Schulen zu schicken, auch wenn sich die Lehrer Mühe geben, es den Kindern dort gut zu machen. Solange die Schulen nicht ausreichende Spiel- und Betreuungsangebote haben, Spielräume und große Schulhöfe und Pausenhallen und Büchereien, solange können wir die Eltern verstehen, wenn sie so einen Standpunkt haben. Die Spaltung wird da auftreten, wo wir sagen: wir wollen das Geld aus den Horten nicht, wir wollen nicht, daß die Horte geschlossen werden. Ob die CDU für diesen Standpunkt zu gewinnen ist, weiß ich nicht. Wir fordern sowieso, daß das alles erstmal in Modellversuchen erprobt wird und erstmal nur in den Stadtteilen, wo die KollegInnen und die Eltern das wollen.
? Wie ist denn die Rolle der Gewerkschaft? Waren es gewerkschaftlich organisierte Lehrer, die diese Initiative gegründet haben oder war das völlig außerhalb der Gewerkschaft und wie hat die Gewerkschaft darauf reagiert?
Die meisten Aktiven sind aus der Gewerkschaft. Wir sind aber keine Gewerkschaftsfunktionäre, sondern eher Basismitglieder bzw. einige von uns, die schon lange Lehrer sind, haben früher Funktionen in der Gewerkschaft gehabt.
Die Gewerkschaft war sehr erstaunt darüber, als wir unsere Pressekonferenz machen wollten, sie davon in Kenntnis gesetzt und sie als Gast eingeladen haben. Die konnten das gar nicht fassen, daß sie diese Pressekonferenz nicht ausrichten. Die GEW ist dann auch nicht erschienen.
Die ersten Stellungnahmen der Gewerkschaft waren so, wie es sich für die GEW gehört: sie begrüßt die Reform der Behörde grundsätzlich, läßt dann aber verlautbaren, daß bestimmte Nachbesserungen sein müssen: Ein paar mehr Stellen, nicht zum Nulltarif, aber grundsätzlich wurde dies begrüßt. Wir haben uns auf den ersten Gewerkschaftsversammlungen gegen diese Position gewehrt und haben dargelegt, daß Frau Raab, die Senatorin, gesagt hat: also entweder es gibt diese Reform oder keine und sie gibt es nur zum Nulltarif und solange die Senatorin das sagt, werden wir das nicht begrüßen, weil das für uns keine Reform ist, sondern nur eine Verschlechterung bedeutet und Reform vom Begriff her bedeutet, daß es schon eine Verbesserung sein muß. Der Hintergrund sind diese Sparmaßnahmen und der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Das ist sehr schwierig in der Gewerkschaft gewesen, unsern Standpunkt durchzusetzen. Jetzt hat sich die GEW in den öffentlichen Stellungnahmen unsern Positionen angeglichen, d.h. sie reden nicht mehr von Reform. Innerhalb der GEW sind aber nur diejenigen Stimmen, die hinter der Reform stehen, zum Schweigen gebracht worden, die äußern sich im Moment nicht. Es gibt auch Schulleiter in der GEW, SPDler, die das durchaus als Prestigeprojekt sehen: die volle Halbtagsschule als die pädagogische Reform überhaupt. Sie meinen, sie könnten ihre Schule aufwerten, wenn sie dieses Projekt durchsetzen. Die Auseinandersetzungen in der GEW sind deshalb sehr zäh, denn man kommt eigentlich nie zur Beratung darüber, wie man sich dagegen wehrt, sondern es wird auf allen Sitzungen sehr viel darüber geredet, ob man dafür oder dagegen ist, so daß eigentlich nur in diesen Stadtteilinitiativen die Arbeit gemacht wird gegen die volle Halbtagsschule, d.h. sowohl die Öffentlichkeitsarbeit als auch die Vernetzung, die hier stattfindet. Die einzelnen Initiativen informieren sich darüber, was sie gerade machen.
? D.h., ihr habt nicht erst probiert, euren Standpunkt innerhalb der GEW durchzusetzen, sondern habt gesagt: wir fangen sofort an mit organisieren?
Wir haben sofort mit dem Organisieren angefangen, haben dann gleichzeitig bei den entsprechenden GEW-Versammlungen unsere Position eingebracht.
? Wie war die Reaktion der Eltern, denn grundsätzlich hört sich das ziemlich gut an: volle Halbtagsschule, garantierte Betreuung? Auf den ersten Blick ist das für Eltern eine ziemlich gute Sache.
Die Eltern, die tatsächlich auf die Betreuung der Kinder angewiesen sind, haben zuerst so reagiert: das ist doch toll! Das sind die Eltern, die, wenn sie darüber informiert werden, wie sich das an den Schulen konkret umsetzt, dann sagen: das wollen wir aber nicht für unsere Kinder. Andere Eltern sagen: wir haben uns darauf eingerichtet, daß einer zuhause bleibt, um das Kind während der Schulzeit zu betreuen und wir sehen nicht ein, daß wir nicht mit unserem Kind in Ruhe morgens um 8 Uhr frühstücken können und warum wir es bei Regen und Schnee auf Teufel-komm-raus um 8 Uhr in die Schule schicken sollen. Das sind die Standpunkte von normalen Eltern. Die Position von etwas bessergestellten Eltern, die sich dann explizit auf eine reaktionäre Position berufen ist: das ist ein direkter Eingriff in die Familie von Seiten des Staates.
Die Elternvereine in Hamburg sind entsprechend gespalten. Der Elternbund, der CDU-nahe Verein, protestiert gegen diese Reform und beruft sich auf diese Freiwilligkeit, während der Elternverein Hamburg, der SPD-nahe Verein, diese Reform ausdrücklich begrüßt. In den Elternräten setzt diese Diskussion jetzt erst ein und da kommen jetzt auch immer mehr Stimmen gegen diese Reform.
Ich hab mich immer gefragt, was jetzt diese Wucht ausmacht, warum gerade Grundschullehrerinnen, die sonst ja eher als sehr brav gelten und nicht in vorderster Front kämpfen, jetzt so wütend und aufgebracht und empört sind und sich organisieren. Bei Lehrern ist das ja immer ambivalent: die kämpfen ja eigentlich nicht für ihre Arbeitsbedingungen, sondern das ist immer bildungspolitisch verbrämt. D.h. es geht immer darum, daß man für eine bessere Bildungspolitik sein muß, weil es zum Wohle der Kinder ist. Ich denke, daß in diesem Fall eben beides zusammenkommt: die eigenen Arbeitsbedingungen werden im Moment so massiv angegriffen durch diese Bildungsreform, daß alle darüber wütend sind. Diese Ambivalenz bleibt aber trotzdem in der Argumentation da. Es ist nicht so, daß man jetzt sagen kann, das ist ein Kampf von Lehrerinnen für ihre Arbeitsbedingungen, sondern es ist beides. Aber ich denke, die Arbeitsbedingungen sind schon sehr weit in den Vordergrund gerückt.
? Du meinst, daß sie jetzt anfangen, nicht mehr nur mit Bildungspolitik und dem Wohl der Kinder zu argumentieren, sondern auch offensiv ihre eigenen Interessen thematisieren?
Ich finde, es ist immer noch ambivalent. Man kann es nicht so eindeutig sagen, aber in diesem Falle ist es tatsächlich durch diese Behördenmaßnahme so deutlich verknüpft, daß wirklich keiner mehr daran vorbeikommt, zu sagen: es sind meine Arbeitsbedingungen, die jetzt massiv verschlechtert werden sollen. Das hängt auch mit dieser Ausweitung der Klassenfrequenz zusammen.
Wenn Lehrer zusammensitzen und sagen, man müßte mal was unternehmen gegen diese Arbeitsbedingungern, dann ist das nächste Bedenken: aber die Öffentlichkeit, die halten uns doch sowieso für faul und wir dürfen doch gar nicht aufmucken, weil uns nimmt doch sowieso keiner ernst. Das hängt natürlich auch damit zusammen, daß sie alle wissen, daß sie eine relativ privilegierte Stellung haben, was das Gehalt angeht, was Unkündbarkeit angeht und in dem Moment, wo sich rundherum die Lebens- und Arbeitsbedingungen verschlechtern und alle Freunde und Bekannte haben, die arbeitslos sind, sagen: ich darf mich nicht wehren, weil eigentlich geht es mir ja gar nicht so schlecht. Das ist auch eine Argumentation, die im letzten Jahr in der GEW eine Rolle gespielt hat, als es darauf ankam, sich zu entscheiden: wollen wir jetzt kämpfen? Das interessante ist, daß es jetzt an der Grundschule aufgebrochen ist. Da spielt das keine Rolle mehr, sondern die sagen einfach: es reicht jetzt.
Die Stimmung in der Initiative im Moment ist so, daß es Spaß bringt; das muß man einfach so sagen. Wir sind alle ziemlich davon begeistert, daß wir uns kennenlernen. Wir arbeiten an benachbarten Schulen und stellen jetzt plötzlich fest, daß es an allen Schulen kämpferische, nette, aufgeschlossene KollegInnen gibt und ich hoffe, daß auch eine weitere Zusammenarbeit stattfinden kann, falls die Initiative zu dem Thema nicht mehr benötigt wird. Wir haben angefangen, spontan diese Pressekonferenz zu machen und ich denke, das war in Hamburg auch ein Umkippen in der Berichterstattung. Es waren von den Hamburger Zeitungen alle da. Die haben auch alle gut darüber berichtet und es war das erste Mal, daß in der Presse wirklich - abgesehen von direkten Stellungnahmen der CDU - kritische Stellungnahmen zu dieser Reform veröffentlicht wurden. Das hat schon was in Gang gesetzt. Im Moment sind wir damit beschäftigt, auf alle Sitzungen zu laufen, auf Anhörungen der Bürgerschaft, auf Veranstaltungen von Elternvereinen und dort zu reden. Wir haben Kontakte zu Elternräten geknüpft, gemeinsame Sitzungen gemacht.
? Habt ihr als Lehrer schon überlegt, was ihr macht, wenn das eingeführt werden soll, wie ihr euch dann in der Schule konkret verhaltet?
Ich weiß, daß an vielen Schulen jetzt darüber beraten wird. Da gibt es aber noch keinen Zusammenschluß und keine Vereinheitlichung, wie jetzt mit der Stundenausweitung für die ersten Klassen im Herbst umgegangen werden soll. Da sollen die Kinder schon 23 Stunden in der Schule sein. Das bedeutet, daß sie an drei Tagen fünf Stunden in der Schule sind und an zwei Tagen vier Stunden. Wir haben an unserer Schule schon gesagt, das wir das nicht durchführen werden, sondern daß wir weiterhin an einem Modell mit vielen Teilungsstunden und Halbgruppenstunden festhalten. Das bedeutet aber, daß die Kinder nicht auf die volle Stundenzahl kommen, die ihnen zusteht, daß sie dann nicht 23 Stunden haben, und wenn wir das nicht mehr als »graue Maßnahme« machen, wie das bisher gelaufen ist, sondern das der Behörde gegenüber offensiv vertreten: was dann passiert, das hängt jetzt davon ab, inwieweit andere Schulen das auch machen, ob die Behörde das toleriert oder ob sie Anweisung kriegen, das durchzuführen. Das muß man dann sehen, wie das läuft. Das ist natürlich von Schule zu Schule unterschiedlich. Wenn die Schulleitung auf Seiten der Behörde steht, werden die Kollegen das schwer haben. Wenn die Schulleitung auf unserer Seite steht, wird die Behörde das hoffentlich schwer haben. Die Zusammenarbeit mit den Eltern wird dann sehr wichtig.