Wildcat-Zirkular Nr. 62 - Februar 2002 - S. 55 [z62bahni.htm]


[Startseite] [Archiv] [Bestellen] [Kontakt] Zirkular: [Nr. 62] [Ausgaben] [Artikel]

Streik- und Blockade-Aktionen der BahnreinigerInnen in Italien

Am Montag und Dienstag [11. + 12.2.] haben ReinigungsarbeiterInnen u.a. auf Bahnhöfen in Rom, Palermo, Mailand, Florenz, Bologna und Neapel Aktionen gemacht, um die angekündigten Entlassungen, Lohnkürzungen und Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen zu verhindern. Die staatliche Eisenbahngesellschaft FS - wie die Deutsche Bahn inzwischen in verschiedene Unternehmen unterteilt - hat die Reinigungsaufträge neu ausgeschrieben. Die FS hat das Budget für Reinigung um fast 40 Prozent gekürzt und einen Unterbietungswettbewerb der Reinigungsfirmen ausgelöst. Die Ausschreibefrist wurde deshalb um zwei Monate auf 21. Februar verlängert. D.h., die Reinigungsfirmen sollen dafür sorgen, daß dieselbe Arbeit in weniger Zeit erledigt wird. Sie werden versuchen, die Löhne zu drücken, die Arbeitszeit zu senken und ArbeiterInnen entlassen.

Die Aktionen der ArbeiterInnen zielen auf eine Rücknahme der Kürzung des Budgets und der schon angekündigten Entlassungen bei den privaten Reinigungsfirmen. Die ArbeiterInnen, die sich in der Regel an unterschiedlichen Orten über die Stadt verteilt treffen, bevor sie dann Züge und Bahnhöfen putzen, machen seit Montag einen Bummelstreik, was bedeutet, daß sie zwar zur Arbeit erscheinen, aber dann mehr oder weniger nicht arbeiten. In Mailand sind einige Bahnhöfe inzwischen (Donnerstag, 14.2.) übersät mit Müll. Montag und Dienstag hatten zudem in einigen Städten Hunderte von ArbeiterInnen stundenlang die Gleise besetzt. Viele Züge wurden aufgehalten, die Reisenden mußten zum Teil in U-Bahn oder Busse umsteigen, um an anderen Bahnhöfen weiterzufahren.

Insgesamt arbeiten etwa 13 000 ArbeiterInnen für die privaten Reinigungsfirmen, allein in der Lombardei 5 000, in Mailand 2 000. Wenn die Pläne der FS durchkommen, sollen 5 000 der ArbeiterInnen entlassen werden. Die restlichen erwarten Lohnkürzungen um 150 bis 200 Euro (in einem Bericht war gar von 350 Euro weniger die Rede; bei einem Lohn - je nach Dienstalter - von unter 1000 Euro). In Mailand sind fast die Hälfte der ArbeiterInnen über 40 und diese meist ItalienerInnen. Viele der Jüngeren sind ImmigrantInnen, vor allem aus Asien und Nordafrika. In der Mehrzahl putzen hier Männer.

Die Stimmung ist ziemlich angespannt, weil die Bedingungen seit Jahren schlechter geworden sind. Im Moment wollen die ArbeiterInnen mit weiteren Gleisbesetzungen bis zur endgültigen Entscheidung warten, die nächste Woche fallen soll. In einem Interview hat ein Arbeiter gemeint, daß sie bisher keine Pendlerzüge blockiert hätten, um nicht andere ArbeiterInnen mit reinzuziehen. Wenn jetzt aber nicht bald was geschehe, würden sie dafür sorgen, daß alle sie hören und verstehen könnten, auch wenn es dann Anzeigen und Verhaftungen gäbe. Mal sehen ...

[Zum Streik der Bahnreiniger in NRW 1998 siehe Wildcat-Zirkular 48/49.]


[Startseite] [Archiv] [Bestellen] [Kontakt] Zirkular: [Nr. 62] [Ausgaben] [Artikel]