Namibia: Wilder Streik gegen Knebelverträge
Anfang Januar legten 400 ArbeiterInnen
in zwei Werken der Textilfabrik Ramatex in der namibischen Hauptstadt
Windhuk die Arbeit nieder und verlangten, dass der Geschäftsführer
mit ihnen diskutiert. Am darauffolgenden Tag weitete sich der wilde Streik
auf ein drittes Werk der Firma aus.
Die ArbeiterInnen wollen mit dem Streik
u.a. durchsetzen, dass ihre Vertragslaufzeit verkürzt wird
und dass die Firma ihnen Essensgeld und medizinische Versorgung bezahlt.
Hintergrund der Forderung nach Verkürzung der Vertragszeiten ist
die Zusammensetzung der Arbeiter. Bei Ramatex arbeiten u.a rund 2.000
ArbeitsmigrantInnen, die die Firma in den chinesischsprachigen Communities
verschiedener asiatischer Länder und auf den Philippinen angeheuert
und um den halben Erdball in die namibischen Werke verschubt hat. Der
Anteil sehr junger Arbeiterinnen ist extrem hoch. Sie müssen sich
mit mindestens dreijährigen Knebelverträgen an die Firma binden.
Unter anderem gegen diese Verträge wehren sie sich jetzt. Die Arbeitsbedingungen
bei Ramatex sind miserabel, die Löhne liegen um die 200 US-Dollar
pro Monat, sie werden jedoch in namibischen Dollars ausbezahlt, durch
den Rücktausch und Währungsschwankungen sind die tatsächlichen
Löhne noch geringer. Die ArbeiterInnen sind in speziellen Schlaflagern
zusammengepfercht, wo sie teilweise zu acht ein Zimmer teilen müssen.
Die meisten wollen weg von Ramatex und sich einen anderen Job suchen.
Ramatex ist ein milliardenschwerer Textilmulti mit Sitz in Malaysia, der
u.a. für Nike und Puma produziert. Die Fabriken in Namibia wurden
2001 eröffnet, nachdem die US-Regierung Zollvorteile für den
Import von Textilien aus Ländern der afrikanischen Subsahara-Region
erlassen hatte. So produziert Ramatex in Windhuk denn auch ausschliesslich
für den Weltmarkt; 70% der Produktion gehen in die USA, die restlichen
30% in die EU. Die Investitionen in Namibia ließ sich der Konzern
mehr als 100 Millionen US-Dollar kosten, eine der größten ausländischen
Direktinvestitionen im Land.
In der Vergangenheit hatte es schon
mehrfach Streiks bei Ramatex gegeben, ständig hagelte es Beschwerden
über die Arbeitsbedingungen von Seiten der namibischen ArbeiterInnen.
Die von der ehemaligen "Befreiungsbewegung" SWAPO gestellte Regierung
versucht seit drei Jahren diese Proteste herunterzuspielen und zu diffamieren.
Kein Zufall, denn die Ansiedlung von Ramatex, stellt ein Kernstück
ihrer Industrialisierungspolitik dar. Als im Dezember letzten Jahres die
Beschwerden zu laut wurden und die Regierung irgendwie darauf reagieren
mußte, gab es zwar einige kritische Worte. Gewürzt waren diese
allerdings mit der Forderung, die Firma solle aufhören, ausländische
Arbeitskräfte ins Land zu bringen und stattdessen namibische Arbeiter
einstellen. Der Versuch von Regierung und Firmenleitung, die ArbeiterInnen
entlang ihrer Nationalität zu spalten, hat Methode. Nicht umsonst
leistet sich Ramatex zwei getrennte Personalabteilungen für "einheimische"
und "ausländische" und kaserniert die ArbeitsmigrantInnen.
Das Neue an den wilden Streiks im Januar
ist, dass jetzt die asiatischen ArbeiterInnen erstmals die Arbeit niedergelegt
haben. Ob es gelingt, die aufgebauten Trennungen zu überwinden, muss
sich zeigen. Spannend daran ist aber auch, dass hier beispielhaft eine
ganze Reihe von Dingen zu Tage treten, die gerne übersehen oder ignoriert
werden. Zum Beispiel, dass Arbeitsmigration nicht nur von der Peripherie
in die kapitalistischen Zentren stattfindet, dass das global mobile Proletariat
zunehmend aus jungen Frauen besteht und dass dem Versuch, neue Gegenden
zu Industrialisieren, die Kämpfe auf dem Fuß folgen.
Vorabveröffentlichung
aus der nächsten Direkten
Aktion (erscheint im März 2004)
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