18.01.2004 Streik bei Ramatex


Namibia: Wilder Streik gegen Knebelverträge

Anfang Januar legten 400 ArbeiterInnen in zwei Werken der Textilfabrik Ramatex in der namibischen Hauptstadt Windhuk die Arbeit nieder und verlangten, dass der Geschäftsführer mit ihnen diskutiert. Am darauffolgenden Tag weitete sich der wilde Streik auf ein drittes Werk der Firma aus.

Die ArbeiterInnen wollen mit dem Streik u.a. durchsetzen, dass ihre Vertragslaufzeit verkürzt wird und dass die Firma ihnen Essensgeld und medizinische Versorgung bezahlt. Hintergrund der Forderung nach Verkürzung der Vertragszeiten ist die Zusammensetzung der Arbeiter. Bei Ramatex arbeiten u.a rund 2.000 ArbeitsmigrantInnen, die die Firma in den chinesischsprachigen Communities verschiedener asiatischer Länder und auf den Philippinen angeheuert und um den halben Erdball in die namibischen Werke verschubt hat. Der Anteil sehr junger Arbeiterinnen ist extrem hoch. Sie müssen sich mit mindestens dreijährigen Knebelverträgen an die Firma binden. Unter anderem gegen diese Verträge wehren sie sich jetzt. Die Arbeitsbedingungen bei Ramatex sind miserabel, die Löhne liegen um die 200 US-Dollar pro Monat, sie werden jedoch in namibischen Dollars ausbezahlt, durch den Rücktausch und Währungsschwankungen sind die tatsächlichen Löhne noch geringer. Die ArbeiterInnen sind in speziellen Schlaflagern zusammengepfercht, wo sie teilweise zu acht ein Zimmer teilen müssen. Die meisten wollen weg von Ramatex und sich einen anderen Job suchen. Ramatex ist ein milliardenschwerer Textilmulti mit Sitz in Malaysia, der u.a. für Nike und Puma produziert. Die Fabriken in Namibia wurden 2001 eröffnet, nachdem die US-Regierung Zollvorteile für den Import von Textilien aus Ländern der afrikanischen Subsahara-Region erlassen hatte. So produziert Ramatex in Windhuk denn auch ausschliesslich für den Weltmarkt; 70% der Produktion gehen in die USA, die restlichen 30% in die EU. Die Investitionen in Namibia ließ sich der Konzern mehr als 100 Millionen US-Dollar kosten, eine der größten ausländischen Direktinvestitionen im Land.

In der Vergangenheit hatte es schon mehrfach Streiks bei Ramatex gegeben, ständig hagelte es Beschwerden über die Arbeitsbedingungen von Seiten der namibischen ArbeiterInnen. Die von der ehemaligen "Befreiungsbewegung" SWAPO gestellte Regierung versucht seit drei Jahren diese Proteste herunterzuspielen und zu diffamieren. Kein Zufall, denn die Ansiedlung von Ramatex, stellt ein Kernstück ihrer Industrialisierungspolitik dar. Als im Dezember letzten Jahres die Beschwerden zu laut wurden und die Regierung irgendwie darauf reagieren mußte, gab es zwar einige kritische Worte. Gewürzt waren diese allerdings mit der Forderung, die Firma solle aufhören, ausländische Arbeitskräfte ins Land zu bringen und stattdessen namibische Arbeiter einstellen. Der Versuch von Regierung und Firmenleitung, die ArbeiterInnen entlang ihrer Nationalität zu spalten, hat Methode. Nicht umsonst leistet sich Ramatex zwei getrennte Personalabteilungen für "einheimische" und "ausländische" und kaserniert die ArbeitsmigrantInnen.

Das Neue an den wilden Streiks im Januar ist, dass jetzt die asiatischen ArbeiterInnen erstmals die Arbeit niedergelegt haben. Ob es gelingt, die aufgebauten Trennungen zu überwinden, muss sich zeigen. Spannend daran ist aber auch, dass hier beispielhaft eine ganze Reihe von Dingen zu Tage treten, die gerne übersehen oder ignoriert werden. Zum Beispiel, dass Arbeitsmigration nicht nur von der Peripherie in die kapitalistischen Zentren stattfindet, dass das global mobile Proletariat zunehmend aus jungen Frauen besteht und dass dem Versuch, neue Gegenden zu Industrialisieren, die Kämpfe auf dem Fuß folgen.

Vorabveröffentlichung aus der nächsten Direkten Aktion (erscheint im März 2004)

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