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Stand: 12.10.2005 [Startseite] [Archiv] [Bestellen] [Kontakt]





Steve Wright: »Den Himmel stürmen«
Besprechung


Den Himmel stürmen

konkret, Nr. 10, Oktober 2005

Was wollte der Operaismus? Der revolutionäre Marxismus dieser Prägung entstand in den 50er Jahren in Italien, wo er nach dem "Heißen Herbst" für eine Weile bestimmend in der Linken wurde, bevor die operaistisch beeinflussten Autonomen zwischen staatlicher Repression und dem bewaffneten Kampf zerrieben wurden. Außerhalb Italiens gehen heute vor allem Gerüchte um. Ein Ansatz, der die Kämpfe in den Fabriken in den Mittelpunkt rückte, blieb jenseits der Alpen immer randständig. Unter linken Intellektuellen ist allenfalls bekannt, dass Bestsellerautor Toni Negri (Empire, Multitude) einst operaistischer Theoretiker und Aktivist war. Zu der oberflächlichen Rezeption kommt der ungünstige Umstand, dass jene den Operaismus meist mit der französischen Postmoderne zu einer gänzlich metaphysischen Melange verrühren. Heute sind Begriffe wie "militante Untersuchung" so sinnentleert, dass sie assoziativ und inflationär an den Universitäten Verwendung finden können.

Um diesem Zustand abzuhelfen, entschloss sich der Australier Steve Wright vor drei Jahren, eine umfassende Darstellung der operaistischen Theorie zu schreiben, die nun in deutscher Übersetzung vorliegt. Die materialreiche "Theoriegeschichte" verfolgt die Debatten der Operaisten von ihren Anfängen an, und setzt sie ins Verhältnis zur Entwicklung des Klassenkampfs in Italien. Es gelingt Wright, den Reichtum der damaligen Diskussionen und die Verschiedenheit der Standpunkte einzufangen. Als Leitfaden dient ihm der Begriff der Klassenzusammensetzung, für ihn die eigentlich originelle Leistung des Operaismus. In dem die Aktivistinnen und Aktivisten das immer umkämpfte Verhältnis von "technischer Zusammensetzung des Kapitals" und "politischer Zusammensetzung der Klasse" in den Mittelpunkt rückten, gingen sie sowohl über die vulgären Soziologien des "Klassenbewusstseins", als auch über Lukacs nur philosophische Konstruktion von der Klasse als Subjekt und Objekt der Geschichte hinaus.

Die Operaisten dachten das Verhältnis von Kapital und Arbeit neu. Theorien, denen der Kampf gegen die Verwertung äußerlich sind, waren ihnen nichts wert. Wright unterscheidet dabei grob zwischen einem "rationalen" und einem "metaphysischen Flügel" (zu letzterem rechnet er mit einigem Recht Toni Negri). Während die einen in der proletarischen Subjektivität die neue Weltformel entdecken wollten, erkannten die anderen das Wesen des Klassenkampfs als Kampf der Arbeiterklasse "gegen sich selbst, gegen ihre proletarische Verfassung, gegen ihr Dasein als Ware". Hier liegt die Aktualität der Geschichte, die Steve Wright erzählt.


Steve Wright (2005) Den Himmel stürmen. Eine Theoriegeschichte des Operaismus. Berlin: Association A. 260 Seiten für 18 €.

 

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