Eine Antwort von Maurizio auf Sergio und Cosimo...
Die Überschrift versucht angesichts des Stils, mit dem die Präsidenten der beiden Parlamentskammern jenseits einer auch nur einer minimalen Logik von verfassungsmäßigen Garantien gewählt wurden, mit leichter Ironie auf das einzugehen, was die Genossen Sergio und Cosimo geschrieben haben. Auch ich beziehe mich auf die Situation, in der wir vor nunmehr einem halben Jahrhundert in Italien waren – und teile die Überlegungen der beiden für diese Zeit: [weiter lesen]
In der Diskussion der Wahlen in Italien antwortet Cosimo Scarinzi auf Sergio Fontegher Bologna.
In der italienischen Presse und im Denken vieler Genossinnen und Genossen selbst geht man heute von einer Trennung aus zwischen den Parteien und Organisationen der Linken und dem, was früher ihr gesellschaftlicher Bezugspunkt war. [weiter lesen]
Viele haben uns nach einer Einschätzung der Wahlergebnisse in Italien gefragt. Die Wahlbeteiligung war sehr niedrig; die Rechtskoalition hat in allen Provinzen außer Campanien gewonnen. Gerade im Norden gab es einen Erdrutschsieg der faschistischen Fratelli d'Italia.
Die ersten Einschätzungen aus der italienischen Linken teilen sich in zwei Lager: die einen sagen, das Wahlergebnis ist nur eine Umstrukturierung innerhalb der italienischen Rechten, die politisch nicht viel verändern wird. Die anderen befürchten jetzt einen starken Rechtsruck: offensiveres Auftreten rechter Schläger, weiterer Rechtsruck im Polizeiapparat, ...
Als ersten Beitrag zur Diskussion der Wahl veröffentlichten wir einen Einwurf Sergio Bolognas. [weiter lesen]
Vor zehn Jahren hatte die EZB die Währungsunion zunächst mit einem Machtwort vor dem Auseinanderbrechen gerettet und anschließend mit Niedrigzinsen und billionenschweren Wertpapierkaufprogrammen das System stabilisiert. Das hat zu einer sehr schrägen wirtschaftlichen Entwicklung geführt. So ist zum Beispiel der DAX seit 2011 um 290 Prozent gestiegen – das deutsche BIP im gleichen Zeitraum aber nur um etwa 13 Prozent gewachsen. Am 27. Juli erhöhte sie zum ersten Mal seit elf Jahren wieder den Leitzins um 0,5 Prozent – erwartet worden waren 0,25 Prozent. Am 8. September erhöhte die EZB nun die Zinsen erneut um historische 0,75 Prozentpunkte. Das roch nach Panik und zeigte die Machtlosigkeit der Notenbank. Aber warum erhöht sie inmitten eines Energiepreis-Schocks und beginnender Rezession überhaupt den Leitzins? Zur Einordnung bringen wir im folgenden Auszüge aus dem Krisenartikel in der aktuellen Wildcat.
In den USA hat sich die Staatsverschuldung seit 2008 auf knapp 32 Billionen Dollar verdreifacht. Die ausstehenden Anleihen von US-Unternehmen haben sich von 3,4 auf 7,4 Billionen Dollar mehr als verdoppelt. Die Kreditkartenschulden sind zuletzt so stark gestiegen wie in 20 Jahren davor nicht und liegen nun bei 890 Milliarden Dollar; Hypotheken und Autokredite mit eingerechnet, belaufen sich die Schulden amerikanischer Privathaushalte auf über 16 Billionen Dollar. Wenn diese Schuldenberge nicht mehr finanziert werden können, droht das ganze System zu kippen. [more...]
Inflation:
Wir erleben gerade, dass die Energiepreise steigen, während die Erdölpreise sinken und die Gewinne der Erdölmultis explodieren. Dieser recht einfache Zusammenhang wird durch Massen von Ideologie verwischt, und gleichzeitig werden die steigenden Preise zum Anlass genommen, Zinserhöhungen zu fordern - was die Rezession verschärfen wird.
Ein deutliches Beispiel für den ideologischen Angriff, der den Markt als Lösung und die hohen Preise als gerechtfertigt und letztlich etwas Positives propagiert, ist der Artikel von Claudia Kemfert vom DIW:
»Der extreme Anstieg des Strompreises ist aber Ausdruck eines funktionierenden Marktes, der Preis bildet sich durch Angebot und Nachfrage. Und beim Angebot gibt es derzeit Knappheiten. … Schnell gibt es Forderungen … den Strompreis zu deckeln. Doch gerade der Strompreisdeckel ist die Ursache des Problems: In Frankreich werden die Strompreise subventioniert, was dazu führt, dass zu wenig Strom eingespart wird. … Preise sind immer Knappheitssignale, die wirken müssen.«
Während Kemfert die hohen Preise als Ausdruck einer realen Entwicklung rechtfertigt, behauptet Biden das Gegenteil; einig sind sie sich nur darin, die Superprofite der Energie-Unternehmen wegzureden.
US-Präsident Biden erklärt die hohen Energiepreise mit »Putins Preiserhöhungen«. Dabei waren sie bereits 2021, also vor Kriegsbeginn, rasant in die Höhe gegangen... [weiterlesen]
Anfang August hat Biden den Chips and Science Act unterschrieben, der 52,7 Milliarden Dollar direkte Subventionen für die Chipproduktion in den USA vorsieht. Wenige Tage später setzte die US-Regierung vier weitere »kritische Technologien« auf eine Liste, die ihren Export nach China verbietet. Das schadet vor allem holländischen, taiwanesischen, südkoreanischen und deutschen Firmen. Trotz der Sanktionen der letzten Jahre ist die chinesische Chip-Fertigung (SMIC) inzwischen in etwa gleichauf mit der US-amerikanischen (Intel). Beiden voraus sind Südkorea (Samsung) und vor allem Taiwan (TSMC). Auf die USA entfallen noch etwa 15 Prozent der weltweiten Chipproduktion, auf die EU 10 – der Rest wird in Asien hergestellt.
Kurz vor dem Taiwanbesuch Pelosis unterschrieb Biden Ende Juli eine strategische Partnerschaft mit Japan, um diesen Vorsprung einzuholen; pikant daran: Südkorea und Taiwan werden im Moment noch gebraucht, auf mittlere Sicht aber für unsichere Kantonisten gehalten. Kurz nach Pelosis Taiwantrip flog der südkoreanische Außenminister nach China, um Wasser ins Feuer zu gießen; 2021 hatte Südkorea 48 Prozent seiner Chipproduktion nach China exportiert. [more...]
Wasser, Strom, Gas, Chips, Friede ist weniger verfügbar
darüber schreiben wir im neuen Heft!
UND wir leisten einen Beitrag im Kampf gegen die Inflation: Preis unverändert.
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aus: Wildcat 109, Frühjahr 2022
Alle reden von »Lieferkettenkrise« – aber hinter den jahrzehntelang gewachsenen Ineffizienzen steckt unter anderem auch das Arbeiterverhalten. Im Hamburger Hafen stauen sich die Container und Schiffe, weil Hafenarbeiter Überstunden-Exzesse ablehnen. Zudem gab es 2021 seit sehr langer Zeit wieder (gewerkschaftliche) Streiks, und zwar von Arbeitern in Subfirmen – endlich beginnen diese zu kämpfen! Sie können sich aufgrund ihrer zentralen Tätigkeiten schnell durchsetzen. Die Festmacher haben nach nur vier Stunden einen Tarifvertrag erstreikt.
In Piräus kämpfen die in eine Subfirma ausgelagerten Hafenarbeiter vor allem für sicherere Bedingungen. Ein halbes Jahr nach dem tödlichen Arbeitsunfall im Oktober 2021 wurde nun am 26. Mai 2022 ein Tarifvertrag unterzeichnet. Er soll drei Jahre gelten und sieht Lohnerhöhungen rückwirkend mit 1. Januar 2022 vor (die Lohnerhöhungen liegen in der Höhe der aktuellen Inflationsrate). Dazu gibt es Essensgeld, Weihnachtsbonus, bessere Unfall- und Krankenversicherung sowie die Umwandlung von unsicheren Arbeitsverträgen mit schwankenden Stunden in Vollzeitverträge.
Hier der Artikel aus der Wildcat 109, geschrieben im Februar 2022 [weiterlesen]
aus: Wildcat 109, Frühjahr 2022
Volkswagen, Mercedes und BMW wälzen gerade sehr erfolgreich sinkende Absätze und steigende Kosten wegen höheren Transport-, Energie- und Rohstoffpreisen auf ihre Zulieferer ab. Zusätzlich profitieren sie direkt vom Steuergeld, mit dem ihre Elektroautos in den Markt gedrückt werden. VW hat in den ersten drei Monaten dieses Jahres 6,7 Milliarden Euro Gewinn gemacht, Mercedes fünf Milliarden – damit die Profite weiterhin so sprudeln, will Mercedes nur noch teure Luxusautos bauen.
Die (Elektro-)Autoindustrie ist extrem zerstörerisch. Das beginnt bei den eingesetzten Rohstoffen und endet noch nicht bei der Produktion der Dinger. Wie der Wasserverband Strausberg-Erkner gerade bekannt gab, wird der Wasserverbrauch von Privathaushalten rund um die neue Fabrik in Grünheide auf 105 Liter am Tag limitiert (bei einem Durchschnittsverbrauch von 175 Litern). Wegen der neuen Fabrik könne die »Grundversorgung nicht mehr garantiert werden«.
siehe dazu unseren Artikel vom Februar diesen Jahres: [weiterlesen]
Hallo!
Ich möchte zwei englische Artikel mit Euch teilen, die zeigen wie es Wanderarbeitern im Lockdown ergeht.
Corona-Müdigkeit in der chinesischen Bevölkerung, mangelhaftes Gesundheitswesen, gestiegene Infektiösität des Virus… Je länger sich die Pandemie hinzieht und je umfassender die Lockdowns werden, desto schlechter skaliert die Null-Covid-Politik. Aber wie wird das enden?[weiterlesen]
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Um einen Eindruck zu bekommen, könnt ihr einen ausschnitt aus dem Editorial lesen:
… zumindest in China.« So beginnt das Editorial der neuen Wildcat. BewohnerInnen der Neun-Millionen-Stadt Changchun dürfen nur noch alle zwei Tage zum Einkaufen vor die Tür. Lockdowns auch in Shanghai, Qingdao, Dongguan, Shenzhen…, sie heißen aber nicht mehr so, ...[weiterlesen]
2021 gab es 1000 Arbeiterproteste in den USA, davon ein Drittel Streiks. Das ist die höchste Zahl an Streiks und der steilste Anstieg seit fünf Jahren. Allein in der Industrie gab es über 100 Streiks – in Bergwerken, Metall-, Auto- und Nahrungsmittelfabriken – zumeist in den großen Bevölkerungsagglomerationen: an der Ostküste, im Mittleren Westen und in Kalifornien. Aber auch in der 50.000-Einwohner-Stadt Huntington in West Virginia streikten im November gleichzeitig 1000 Krankenhausbeschäftigte, 50 ArbeiterInnen eines Pumpenherstellers und 450 Arbeiter einer Metallfabrik für Speziallegierungen.
Und immer weniger Leute sind bereit, in schlechten Jobs zu arbeiten. Seit Februar 2020 sind 3,5 Millionen Menschen vom Arbeitsmarkt verschwunden. Viele sprechen vom »Big Quit« bzw. von der »Great Resignation«. Es gibt immer mehr offene Stellen (die US-Wirtschaft wuchs im zweiten Quartal 2021 um 1,6 Prozent, im dritten um 0,5 Prozent)! Vor allem im Gastgewerbe überstiegen die Kündigungen die Neueinstellungen deutlich. Viele machen die Erfahrung, dass ein Jobwechsel mehr Lohn bringt (durchschnittlich 5,4 Prozent). Amazon stellt jetzt Leute für 18 Dollar die Stunde ein, das ist die dritte Lohnerhöhung in der Pandemie.
Seit Sommer 2020 steigen die Löhne: plus 14 Prozent in der Gastronomie, plus acht Prozent im Einzelhandel, plus sieben in Gesundheit/Bildung und in der Produktion, plus sechs am Bau.
Ein Streik-Höhepunkt war im Oktober, wo es an 57 Orten zu Streiks und zusätzlich an 50 Orten zu Arbeiterprotesten mit insgesamt 100.000 ArbeiterInnen kam. Die Statistikbehörde berichtete von einer Rekordkündigungswelle im Vormonat von über vier Millionen ArbeiterInnen. Mitte Oktober schrieb der ehemalige Arbeitsminister Robert Reich in einem Gastbeitrag im Guardian von einem »inoffiziellen Generalstreik«, der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman in der New York Times von einer »Arbeiterrevolte«…
ArbeiterInnen mobilisieren sich wieder, die Zeit des Nachgebens und der erdrückenden Unternehmermacht ist erstmal vorbei. Die Interessen der ArbeiterInnen sind wieder auf der Tagesordnung und finden bei Nachbarn, Familien-Angehörigen, AktivistInnen und anderen ArbeiterInnen Unterstützung.
In der nächsten Wildcat werden wir ausführlich darauf eingehen. Der Artikel aus Wildcat 107 analysiert die Vorgeschichte des »Striketober« – er stellt den im Titel angeführten »Niedergang der USA« dar und fragt nach dem »Aufstieg der Kämpfe«.[weiterlesen]
Zwei Zeitungsmeldungen von heute, 11. August 2021:
Die FAZ meldet: Der Volkszählungsbericht 2020 hat in den USA etwa 400.000 weniger Weiße als 2010 registriert. Zum ersten Mal in der US-Geschichte geht ihre Zahl zurück. Derweil wurden mehr hispanisch-stämmige und asiatische Bewohner gezählt, der Anteil der Schwarzen blieb mit rund 12,5 Prozent stabil. Für den Rückgang machten die Volkszähler die Wirtschaftskrise, die Opioid-Krise und die niedrige Geburtenrate bei den sogenannten Millennials verantwortlich. Die American Trucking Association sagt, bereits 2019 fehlten 60.000 LKW-Fahrer; bis 2023 fehlten 100.000. Die Speditionen verlangen deshalb von der Regierung, dass sie die Zuwanderung erleichtert – »nicht nur aus Amerika«!
Der Standard aus Österreich berichtet über Lohnerhöhungen in China, denn dort »herrscht Vollbeschäftigung in der Elektronikbranche. Wie die in Hongkong ansässige South China Morning Post nun berichtet, möchten die beiden größten Zulieferer Apples neue Mitarbeiter mittels hoher Bonuszahlungen anwerben.«
Bereits im Juni seien rund 810 Euro Bonus bei Arbeitsaufnahme geboten worden; die Summe sei nun auf 1200 Euro erhöht worden – Bedingung: man darf 90 Tage nicht kündigen. »In genau diese Zeitspanne fällt die Produktion der neuen iPhones« schreibt die South China Morning Post. Auch andere Fabriken haben im Moment mit Apple-Aufträgen zu kämpfen. Der Touchscreen-Lieferant Lens Technologie erhöhte die Bezahlung gleich um das Doppelte. Dafür muss man mindestens sieben Monate dort bleiben. Laut der South China Morning Post verliere die junge Bevölkerung Chinas immer mehr Interesse an Fabrikjobs…
In der Wildcat 108 haben wir versucht, den Bogen zu schlagen vom weltweiten Rückgang der Geburtenraten über den Arbeitskräftemangel in China, den USA und Europa zu den Kämpfen und Lohnsteigerungen im Logistikbereich…. Im folgenden eine stark gekürzte Fassung.
Im ersten Quartal 2021 wurden in der BRD eine Million Autos nicht gebaut, weltweit sollen es mehr als vier Millionen werden, weil Chips fehlten. Die Automultis – bzw. ihre Zulieferer – hatten ein Jahr zuvor wegen Corona ihre Bestellungen gedrosselt und sitzen nun auf dem Trockenen. Die Chip-Produktion kann nicht so schnell wieder hochgefahren werden; 70 Prozent aller Auto-Chips kommen von einem einzigen Hersteller aus Taiwan ... Dort herrscht Wassermangel, die Chip-Produktion verbraucht extrem viel Wasser und ist überhaupt eine sehr umweltschädliche Produktion. Dazu kommen Transportproble- me. Und vor lauter Lieferdruck kam es jetzt noch zu einem Covid-Ausbruch in der Chipindustrie in Taiwan, weil man die Quarantäne der Piloten auf drei Tage verkürzt hatte, damit die Chips so schnell wie möglich bei den weltweiten Abnehmern ankommen ... [weiterlesen]
Amazon ist in aller Munde. Medien und PolitikerInnen kriegen Gänsehaut angesichts des Reichtums und der Macht eines Jeff Bezos. Aber auch die Linke erschaudert vor der »totalen Kontrolle« der schlecht bezahlten und »menschenunwürdig ausgebeuteten« ArbeiterInnen in den Amazon-Lagern. Wieder einmal verklebt der Mythos der alles beherrschenden kapitalistischen Technologie die Hirne und verfälscht die politische Intervention! Die ArbeiterInnen nur als krass überwacht, atomisiert und ohnmächtig darzustellen, ist der typisch paternalistische Zugang vieler Linker und der meisten Gewerkschaften (»die Arbeiter sind ohne uns schwach«). Im folgenden schauen wir uns den Arbeitsprozess bei Amazon und andern Lagern genauer an. Die ArbeiterInnen dort sind keineswegs hirnlose Maschinenanhängsel...[weiterlesen]
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Um einen Eindruck zu bekommen, könnt ihr schonmal das Editorial lesen:
Kurz bevor wir mit der Wildcat 107 in Druck gingen, stellte sich im Suezkanal die Ever Given quer. Sie hatte 18 000 Container mit Fracht im Wert von 3,5 Mrd. Dollar an Bord und blockierte mehr als 300 weitere Schiffe. Mitte Juni, als wir mit der 108 in Druck gehen, ist die Lage wesentlich dramatischer: »Ein Megastau lähmt den Welthandel«... [weiterlesen]
aus: Wildcat 107, Frühjahr 2021
Die Streikwelle von 2010 und die Kämpfe gegen Fabrikschließungen liegen lange zurück. Für die letzten Jahre verzeichnet das China Labour Bulletin einen deutlichen Rückgang von Arbeiterkämpfen, mit einem Tiefpunkt 2020. Zwar gab es Proteste von Bauarbeitern, Paketboten, Essensausfahrern und auch wieder einige gegen Fabrikschließungen, aber im Verhältnis zu den stark gesunkenen Einkommen, Entlassungen, verbreiteten Lohnrückständen und der Härte und Irrationalität der Lockdowns blieben die Proteste sehr bescheiden. Die KPCh konnte politisch Corona geschickt nutzen, die massive Kritik am ersten Lockdown ist inzwischen verstummt. Weit verbreitet ist eine grundsätzliche Unterstützung und Verteidigung von Regierung und Autoritätspersonen gegen Kritik. Selbst viele links und kritisch Auftretende gehen letztlich davon aus, dass der Staat oder die staatlichen Vertreter es doch eigentlich gut meinen. Es wäre aber vollkommen falsch, autoritäre Strukturen mit »Gehirnwäsche« oder ostasiatischen Besonderheiten wie Konfuzianismus zu erklären.[weiterlesen] [English version]
Von Felice Mometti / connessioni precarie
Der Versuch der RWDSU, im Amazon-Logistikzentrum in Bessemer / Alabama als gewerkschaftliche Vertretung anerkannt zu werden, wurde weltweit verfolgt. Das Wahlergebnis war ein Desaster: von 5800 Beschäftigten haben nur 55 Prozent abgestimmt, 1798 gegen die Gewerkschaft, 738 dafür. Eine heftige Niederlage für die Bernie-Sanders-Linke und sogar für Biden selber, der sich für Gewerkschaftsrechte ausgesprochen hatte. Eine Niederlage aber vor allem für die »Linke«, die mit alten (Gewerkschafts-)Modellen gegen Amazon ankämpft – und damit bisher in der BRD (ver.di), in Italien (Amazonstreik am 22.3.) und nun auch in den USA scheitert... [weiterlesen]
aus: Wildcat 107, Frühjahr 2021
Weltweit nutzen die Unternehmer die Pandemie, um ihre Profite zu erhöhen. Die Autoindustrie ist dafür ein Beispiel: Während die Manager massenhaft ArbeiterInnen in Kurzarbeit schicken – was oft heißt: in kürzerer Zeit das gleiche leisten für weniger Lohn! – und allerlei staatliche Subventionen abgreifen, zahlen sie den Aktionären Milliarden. Zum Beispiel konnte Daimler 700 Millionen Euro Lohnkosten durch Kurzarbeitergeld sparen und zahlt nun mit 1,44 Milliarden das Doppelte an Dividenden an seine Aktionäre aus. Insgesamt zahlte die Agentur für Arbeit letztes Jahr 20 Milliarden Euro Kurzarbeitergeld aus. Das war durch die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung natürlich nicht mehr gedeckt, sondern musste aus Steuergeld aufgestockt werden. Ein großer Teil der 40 Milliarden Euro, die die 100 größten Aktiengesellschaften in Deutschland an ihre Aktionäre für das Geschäftsjahr 2020 auszahlen, war durch Steuergeld subventioniert. [zum Artikel]
Unter anderem mit Artikeln zu der Entwicklung in China, Berichten zu verschiedenen Ländern in Europa unter Covid und der Autoindustrie...
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Jesús Naves ist im Januar in Vitoria-Gasteiz im Baskenland im Alter von 86 Jahren gestorben. Die Älteren werden sich noch erinnern: Wir haben Jesús Ende der 80er Jahre kennen gelernt, damals arbeitete er bei Mercedes in Gasteiz und war an einem interessanten Streik beteiligt (siehe Wildcat 43 und 57). Er war damals schon eine legendäre Person der Arbeiterautonomie, u.a. durch seine Rolle bei der Streikbewegung 1976, in der beim Generalstreik am 3. März in Vitoria eine Arbeiterversammlung in einer Kirche von der Polizei angegriffen wurde, wobei fünf Arbeiter starben und hunderte verletzt wurden. In Gasteiz wird bis heute jedes Jahr am 3. März mit Kundgebungen an dieses Ereignis erinnert. Jesús hielt damals als »der Arbeiterführer, der er nie sein wollte«, wie es in einem Nachruf heißt, die Rede auf der Trauerfeier.
In der Wildcat 43 gibt es eine kurze Zusammenfassung seines bewegten Lebens »Ich wachte auf bei einem Streik...«: Priester in Asturien, Arbeiterbewegung und bewaffneter Kampf in Argentinien, Mai 68 in Paris, weitere Jahre in Argentinien und 1975 Rückkehr nach Spanien bzw. ins Baskenland, wo er nach seinen Erfahrungen mit der Gewerkschaftsbürokratie in Argentinien die autonome Organisierung der Arbeiter*innen mit Versammlungen vorantrieb. Außerdem ein längeres Interview über die Veränderungen in den Fabriken und in der Arbeiterbewegung.
»Ich bin 57 Jahre alt«, sagt PJ, »und ich habe das jetzt schon viel zu oft erlebt. Das Amerika, das ich kenne, ist ein Hohn.« Er höre nach einem Polizistenmord an einem Schwarzen von den Politikern immer die gleichen Phrasen: Es brauche besser trainierte Polizisten. Und dann ruft er: »Verdammt, ihr hattet 400 Jahre lang Training, wie viele Jahre braucht ihr denn noch?«
Die Corona-Epidemie, auf die das Gesundheitssystem nicht vorbereitet war, und die gigantisch hohe Arbeitslosigkeit im Shutdown trafen besonders stark arme AfroamerikanerInnen. Und dann kam am 26. Mai der Polizeimord an dem 46-jährigen George Floyd in Minneapolis. Millionen sahen das Video, das eine 17-Jährige gefilmt hatte. Wie der Bulle ihn mehr als acht Minuten lang erstickte. Bei ersten spontanen Demos wurde das Polizeirevier belagert und angezündet, Geschäfte geplündert. Sehr schnell breiteten sich die Proteste auf die Inner Cities der ganzen USA aus ...[weiter lesen]
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Das Heft hat einen Schwerpunkt auf den Hintergründen der Aufstände in den USA. Außerdem setzen wir unsere Analysen und Berichte zur Coronapandemie aus dem letzten Heft fort. Gerade scheint die Lage qualitativ wieder umzuschlagen: In Stuttgart, Göttingen, Neukölln, etc. führen die (neuen) Zwangsmaßnahmen zu Enttäuschung und Wut. Die Massenmedien schreiben über »die wachsende soziale Spaltung Deutschlands«. Und in einem Drittel der Landkreise steigen die Infektionen wieder an. Im Zentrum stehen die Ausbrüche in Fleischbetrieben. Deshalb hier unser Artikel dazu:
Die meisten vom Corona-Virus infizierten ArbeiterInnen gibt es in der Fleischindustrie, weltweit mit zahlreichen Fällen in den USA, Kanada, Brasilien, Irland.
In der BRD begann es mit 412 bei Müller-Fleisch in Birkenfeld, 131 bei Vion in Bad Bramstedt, 92 bei Westcrown in Dissen, bei Westfleisch 268 in Coesfeld und 40 in Oer-Erkenschwick, 77 bei Wiesenhof in Bogen – und dann der Klopper bisher über 1700 bei Tönnies in Gütersloh.
Auch in anderen Betrieben gibt es Infektionsherde, vor allem in Paket- und Logistikzentren, Großbetriebe, in denen ohne Unterbrechung weitergearbeitet wurde. [weiter lesen]
Die Proteste nach dem Mord an George Floyd halten seit Tagen an und haben sich in viele Städte der USA ausgebreitet, wie die Bewegungen nach den Morden von Ferguson und Baltimore vor einigen Jahren. Sie drücken auch den Unmut der Leute aus, die wissen, dass sie in jeder Hinsicht die höchsten Kosten des Covid-Ausbruchs zahlen: weil sie vorher schon zu wenig Einkommen hatten; weil sie sich in engen Wohnungen isolieren sollen; weil sie in Jobs arbeiten, in denen sie besonders gefährdet sind. In Minneapolis haben sich ArbeiterInnen mit den Protesten solidarisiert, BusfahrerInnen weigern sich, für die Polizei zu arbeiten.
Das Online-Magazin Hard Crackers - Chronicles of Everyday Life hat am 29.5.20 ein Interview mit einem Busfahrer veröffentlicht, der sich mit seinen KollegInnen organisiert. [weiter lesen]
aus: Wildcat 105, Frühjahr 2020
Mit Update von 22.5.2020
Man muss nicht viel über Bangladesch wissen, um zu verstehen, dass die Corona-Krise hier zu extremen Bedingungen führen wird. Schon jetzt leiden Millionen Menschen unter den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie. In dieser Situation entwickeln sich aber auch starke Kämpfe. [weiter lesen] [English version]