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26.08.2018

aus: Wildcat 89, Frühjahr 2011

Landflucht und food riots:

   

Keine Agrarrevolution in Sicht

In Pausengesprächen auf linken Kongressen erzählen alle mit Begeisterung von ihrem Schrebergarten und dem selbst angebauten Gemüse. Zu einem Workshop über Tomatenanbau kommen mehr Leute aus der linken Szene als zu einem Seminar zur Weltkrise. LandLust ist mit jährlichen Auflagensteigerungen im zweistelligen Prozentbereich der Star auf dem deutschen Zeitschriftenmarkt; sie verleiht den Sehnsüchten von StadtbewohnerInnen nach dem Althergebrachten, dem einfachen, gesunden Leben Ausdruck. Mit »Landwirtschaft« hat all das wenig zu tun. Die bedeutet nämlich harte körperliche Arbeit und ein mäßiges Auskommen, auch heute noch und vor allem auch im biologischen Landbau. Dieser Arbeit entfliehen die Leute weltweit, um ihren Lebensunterhalt auf leichtere Art zu verdienen. An den Fließbändern der Welt sind sie gefragt, denn sie sind an harte körperliche Arbeit gewöhnt, die getan werden muss, weil sonst Tiere sterben oder die Ernte vertrocknet. Aus »Konsumentensicht« hieß besseres Leben bisher, einen geringeren Teil des Lohns für Grundbedürfnisse wie Essen ausgeben zu müssen, und mit dem Rest mehr und bessere Konsumgüter oder Wohnungen beschaffen zu können. Nun tönt es drohend auf allen Kanälen: »Die Zeit der billigen Lebensmittel ist vorbei«. Als Begründung dienen Lebensmittelskandale (Dioxineier), Dürren, Überflutungen, die Aufstände in Nordafrika. Diese begannen mit Forderungen nach billigen Nahrungsmitteln und gehen weit über archaische »Brotrevolten« hinaus, hier fordern nicht Arme Brot von ihrem Herrscher, sondern einen Regimewechsel oder sogar eine andere Gesellschaft. Sie setzen tatsächlich die »Agrarfrage« wieder neu auf die Tagesordnung, nicht rückwärtsgewandt und nicht als kapitalistisch rationalisiertes Agrobusiness. Auf den folgenden Seiten versuchen wir, all das aufzunehmen. Der zahlungskräftige »bewusste Konsument« wird sicherlich seine Nische finden, aber gesellschaftlich kommen an der Nahrungsmittelfrage sehr grundlegende Brüche und dauerhafte Entwicklungsblockaden zum Vorschein, die Arbeiterkämpfe in China, Aufstände in Nordafrika und Verarmung in den Metropolen miteinander verbinden. Der Kapitalismus hat in den letzten 200 Jahren die Nahrungsmittelproduktion unheuer ausgeweitet, steht aber seit drei Jahrzehnten an einer Schwelle, die er mit den bisherigen Methoden nicht überwinden kann. Wir stellen die verschiedenen Aspekte dieser Blockade: explodierende Lebensmittelpreise, Verschwendung, Überfischung, Biosprit usw. in den Zusammenhang. Am Ende dreht es sich darum, wer die (Land-)Arbeit macht. Im nächsten Heft wollen wir an zentralen Punkten tie­fer schürfen.

Ursachen der explodierenden Lebensmittelpreise

2001 waren Nahrungsmittel so billig wie nie. Sechs Jahre später, im Dezember 2007, waren die Preise auf dem höchsten Stand seit dem Beginn der Statistik 1846. Alles Spekulation? Was bedeuten die Warnungen der FAO vor einer Lebensmittelkrise? Wo gibt es tatsächlich eine Verknappung?

Oft dienen Nachrichten über Missernten dazu, die Preise hochzutreiben. Zum Beispiel ist in Russland trotz der katastrophalen Hitzewelle im letzten Sommer die Ernte gut ausgefallen. Nun werden die Überschwemmungen in Australien und die Dürre in China angeführt...

In den letzten fünf Jahren bewegten sich die Lebensmittelpreise im Rhythmus der Finanzblase. Spekulatives Kapital floss weltweit in »rendite­sichere« Anlagen wie Rohstoffe und Grundnahrungsmittel bzw. Ackerboden und löste damit seit Herbst 2006 massive Preissteigerungen aus. Ein Jahr später war Weizen 80, Reis 320 Prozent teurer geworden. Nach der Lehman-Pleite im September 2008 gingen die Preise abrupt nach unten. Als danach aufgrund der ultralockeren Geldpolitik der Notenbanken wieder anlagesuchendes Kapital in Agrarrohstoffe strömte, stiegen die Preise erneut und übertrafen 2010 sogar die historischen Höchststände von 2008; ausgerechnet 2010, einem Jahr mit Weizen-Rekordernten, erreichte ein Scheffel (27,2155 kg) an der Börse von Chicago den bis dahin höchsten Preis von 25 Dollar.

Jüngstes Beispiel ist der Reis-Preis, der zu Jahresbeginn 2011 in fünf Wochen um 24 Prozent stieg – ebenfalls auf den höchsten Stand seit 2008 – ­obwohl eine Rekordernte erwartet wird und die Lagerbestände weltweit sehr hoch sind. Fünf Tage nach der Katastrophe in Japan fielen alle Agrarrohstoffpreise – »Experten« behaupten nun, es gebe gar keine Reisknappheit... (FAZ, 15.3.2011) Sie ­sehen die Preise schwanken und suchen nach ­Geschichten, die das »erklären«. Mit den wahren Ursachen hat das nicht viel zu tun.

Peak Soil

Es gibt einen absoluten Rückgang der Anbaufläche für Nahrungsmittel; durch den Bau von Straßen, Industrieanlagen, Städten usw. sind Ackerböden weltweit knapp geworden. Nun reißen sich private Investmentfonds und staatliche Finanzgesellschaften (China, Golfstaaten) weltweit große Flächen an Ackerboden unter den Nagel, um darauf Exportlandwirtschaft zu betreiben. Dieses »Landgrabbing« radikalisiert die bisherige Cash-Crops1-Produktion. Die Eigner werden von ihrem Ackerboden vertrieben, für die einheimische Bevölkerung verknappt sich das Nahrungsmittelangebot.

Die Verteuerung fossiler Stoffe hat weltweit den Pflanzenverbrauch für Heizung, Treibstoff oder als Ausgangsstoff für Kunststoffe hoch getrieben. In den USA soll bereits ein Drittel des angebauten Maises zur Treibstofferzeugung benutzt werden. Statt Biogas aus pflanzlichen Abfällen zu produzieren, werden extra Feldfrüchte angebaut und dies auf Druck der Agrarlobby auch noch hoch subventioniert. Dies entzieht der Nahrungsmittelproduktion ertragreiche Böden. Nicht nur in Afrika, auch in Deutschland sind Bauern heute gezwungen, Land teuer zu kaufen (und sich zu verschulden), weil kein günstiges Pachtland vor Ort mehr zur Verfügung steht.

Weltweit gibt es natürlich noch große brach ­liegende Flächen, auf denen zusätzlich Ackerbau betrieben werden könnte. (FAZ, 26.4.2008) In Süd­amerika wird dies teilweise durch Großgrundbesitzer blockiert, die nur Landwirtschaft betreiben, wenn sich die Produktion (für den Export) rentiert. In Russland, der Ukraine oder selbst in der EU ­(Bulgarien) liegen Flächen brach. Eine weitere Flächen­expansion wäre durch die Abholzung von Wäldern möglich, was erhebliche negative Auswirkungen auf das Klima und die Artenvielfalt hätte. ­Außerdem sind diese Flächen schlicht nicht leer, sondern werden von Kleinbauern oder Hirten bewirtschaftet, die dann in Randzonen abgedrängt würden.

Peak Fish

Seit den 50er Jahren wurde die Seefischerei industrialisiert. Massive Investitionen führten zu einem starken Anstieg der weltweiten Fänge. Damit kam es zu massiven Zusammenbrüchen ehemals traditionell genutzter großer Fischbestände. Stark sinkende Erträge führten zu einer Ausweitung der ­Fischerei auf neue Gebiete, in immer tiefere Wasserschichten und auf neue oder bisher gemiedene Fischarten. Der weltweite jährliche Fang von ­Fischen und anderen Meerestieren erreichte in den späten 1980er Jahren einen Gipfelpunkt von ca. 90 Millionen Tonnen (ohne Fänge der sog. irregulären, unregulierten und nicht gemeldeten Fischerei von schätzungsweise 20-30 Millionen Tonnen) und sinken seitdem (Pauly 2009)2. 75 Prozent der globalen Fischbestände gelten als voll- oder überausgebeutet (FAO 2007)3. Der Raubbau führt zu einem drastischen Absinken der Fischereierträge weit unter den potentiell möglichen (bewusst erzielbaren) Erträgen bis hin zum vollständigen Zusammenbruch ganzer Fischbestände.

Heutige Aquakulturen sind keine Alternative, sie beruhen auf der schon überausgebeuteten Ressource Fisch. Entweder werden karnivore [fleischfressende] Arten mit anderen Fischen aufgezogen, oder nicht-karnivore Arten wie Karpfen mit industriell erzeugtem Futter und steigendem Fischmehlanteil. Während die Fischmehlproduktion bei ca. 30 Millionen Tonnen pro Jahr stagniert, stieg der davon in der Aquakultur verfütterte Anteil von 8 Prozent 1988 auf aktuell ca. 70 Prozent (Deutsch et al. 2007)4.

Die Möglichkeit der Erschließung neuer mariner Tierarten als Nahrung oder Futtermittel ist begrenzt. Antarktischer Krill [Kleinkrebse, die sich von Algen ernähren] steht hier gerade hoch im Kurs. Aktuell werden ca. 100 000 Tonnen im Jahr angelandet. Aufgrund der Meereisbedeckung wäre die Ausweitung auf einige Millionen Tonnen pro Jahr nur mit sehr hohem Aufwand möglich, das entspräche dann einigen Prozent des Weltfische­reiertrags.

Verschwendung und Verrottung

In westlichen Ländern wird ein Drittel bis die Hälfte aller Nahrungsmittel schlicht weggeworfen. In ärmeren Ländern werden Nahrungsmittel »verschwendet«, weil sie nach der Ernte schlecht gelagert werden und vergammeln; so gehen vielfach zwischen 15 und 20 Prozent der Ernte verloren.

Vegetarier führen gewöhnlich die »Verschwendung« von Getreide an, das an Tiere verfüttert wird. Mit wachsendem Einkommen und sich verändernden Ernährungsgewohnheiten in den Schwellenländern: insbesondere in China und Indien, werden mehr Fleisch und Milchprodukte verzehrt. Dadurch steigt der Verbrauch an Getreide (und damit auch der zu seinem Anbau benötigte Energieaufwand). Die größere »Verschwendung« liegt darin, aus Weizen Treibstoff zu machen. Für eine Tankfüllung braucht man 200 kg Getreide – das ist der Jahresbedarf eines Menschen.

Agrarrevolution und Industrialisierung: billige Nahrungsmittel für billige Arbeitskräfte

Jeder neue Akkumulationszyklus des Kapitals ging mit einer »Agrarrevolution« einher, die mehr Nahrungsmittel billiger herstellen konnte. Dies war nötig, um eine stark wachsende städtische Arbeiterbevölkerung zu ernähren. Und je billiger das Essen, desto niedriger können die Löhne sein. Der Kapitalismus ist in erster Linie die Agrarrevolution. (Goldner; siehe Literaturliste)

Im ersten Industrieland England entstand sehr früh eine Nahrungsmittelindustrie zur Versorgung der ArbeiterInnen mit Grundnahrungsmitteln und Bier. Bereits im 16. Jahrhundert hatte sich ein europäischer Markt für Nahrungsmittel herausgebildet, ab 1870 formierte sich ein Weltmarkt, schon 1890 war es billiger, Weizen von Buenos Aires nach Barcelona als 100 Meilen weit über Land zu transportieren. Die beschleunigte Industrialisierung während der long depression (Verdoppelung der ­Industriearbeiterklasse in Deutschland im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts) basierte u. a. auf dem billigen amerikanischen Importgetreide.

1880 bearbeitete ein Landarbeiter in den USA 26 Hektar Boden, 1980 schon 239 Hektar. Kaum ein Produktionsbereich verzeichnete in den letzten 100 Jahren solche Produktivitätssteigerungen wie die Landwirtschaft. Während sich die Weltbevölkerung seit 1950 verdoppelt hat und inzwischen mehr als die Hälfte der Menschen in Städten leben, ist die Nahrungsmittelproduktion um das 2,5-fache gestiegen.

Weltmarkt für Nahrungsmittel

»Man kann nicht von kommerziellen Farmen erwarten, dass sie die Menschen ernähren… Menschen zu ernähren, die nichts kaufen können, ist Aufgabe der Regierung.« (Jan Prins, Farmer in Äthiopien, DLF-Sendung über »Land-grabbing« am 22.2.2011)

Wie Nahrungsmittelexporte zur Stabilisierung ­politisch genehmer Regimes und zur Marktöffnung für die Agromultis eingesetzt werden, ist breit diskutiert. In den 1950er und 1960er Jahren erhielten die nachkolonialen Staaten in Asien und Afrika US-Weizen als Nahrungsmittelhilfe, oder sie importierten billig die erzeugerpreisgestützte Überschuss­produktion der Industrieländer. Ende der 60er Jahre gingen zwei Drittel aller Weizenexporte in die Entwicklungsländer. Parallel dazu führte die über die Weltbank finanzierte »Grüne Revolution« in den 60er Jahren zu einer Mechanisierung der Landwirtschaft und dem Einsatz von Hochertragsgetreidesorten, Kunstdünger, Pestiziden und künstlicher Bewässerung in Afrika und Asien. Die Maßnahmen konzentrierten sich auf ressourcenreiche Regionen und förderten das Entstehen einer Schicht von wohlhabenderen Bauern, die von Banken und Agrobusiness abhängig wurden. Die Erträge stiegen stark an, die Preise für Nahrungs­mittel sanken.

Damit erreichte die »Grüne Revolution« ihr Ziel: die »Dritte Welt« politisch und sozial zu stabilisieren und gegen die Revolution zu immunisieren; gleichzeitig wurden Absatzmärkte für die Agromultis und Produktionsstandorte für Cash Crops geschaffen. Mit dem billigen Importgetreide änderten sich auch die Ernährungsgewohnheiten: in Afrika wird heute kaum noch Hirse gegessen (die gilt als »primitiv«), sondern Reis – der dort nicht wächst – oder Weizen. Global basiert die Ernährung heute zu einem großen Teil auf nur zehn Kulturpflanzen, ein Bruchteil der vorhandenen Nutzpflanzen.

Bauernlegen am Beispiel Deutschland

Weniger diskutiert wird die andere Seite der gewaltigen Produktivitätssteigerungen in der Landwirtschaft: das Freisetzen von Arbeitskräften. Das soll im folgenden an Deutschland gezeigt werden. Auch hier stieg im 20. Jahrhundert, vor allem in der zweiten Hälfte, die landwirtschaftliche Produktivität stark an. Um 1900 erzeugte ein Landwirt Nahrungsmittel für vier, 1950 für zehn, 2004 für 143 weitere Personen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Landwirtschaft vielfach noch gekennzeichnet durch Betriebe, die mit Zugtieren für den Eigenbedarf produzierten und Überschüsse tauschten, aber über fast kein Geld verfügten. Der große Wandel fand in den 1950er Jahren statt. Als neue Fabriken attraktive Arbeitsplätze boten, setzte die massive Landflucht der jungen Leute ein. Die Agrarpolitik förderte die Rationalisierung, die Konzentration auf wenige Produkte und den Anbau neuer Sorten unter Verwendung von Agrarchemie und Maschinen. Da Maschineneinsatz große Flächen erfordert, spaltete dies die Bauern auf in mit viel Technik ausgestattete Vollerwerbsbauern auf Aussiedlerhöfen und Millionen von »Nebenerwerbslandwirten«, deren Ackerflächen nicht mehr ausreichten, um damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Die DDR radikalisierte diesen Ansatz noch: ­Monokulturen auf noch größeren Flächen und Beschränkung auf maschinell anbaubare und lagerfähige Sorten (Kartoffeln, Kohl, Karotten, Sellerie). Aber die LPG brachte den »Bauern« den Acht-Stunden-Tag, bezahlten Urlaub und Kultur. Die LPGs waren äußerst unproduktiv, hatten zu viele Beschäftigte, von denen eine wachsende Zahl in der Verwaltung arbeitete. Statt Arbeitskräfte für die Industrie freizusetzen, sogen sie sie auf!

1990 erzielten die Bauern im Osten nur zwei Drittel der Erträge ihrer KollegInnen im Westen. Die Vereinigung brachte auch hier die Wende: 1989 arbeiteten in der DDR 830.000 Leute in der Landwirtschaft, zehn Jahre später noch 190.000.5

Die Familie als Naturressource

Landwirtschaft scheint nur dann besonders »produktiv« zu sein, wenn sie als Familienbetrieb und/oder mit migrantischen SaisonarbeiterInnen betrieben wird. Sobald ein landwirtschaftlicher Betrieb zur »Fabrik« wird, verhalten sich die Leute auch so und lassen den Traktor pünktlich zum Feierabend auf dem Acker stehen oder streben in administrative Tätigkeiten usw.

Nach dem Anschluss der DDR wurde wieder der bäuerliche »Familienbetrieb« gepusht: Betriebe, die von einem Ehepaar, häufig vor allem von der ­Bäuerin geführt werden, die aber im Gegensatz zu früher kaum mithelfende Familienangehörige oder Knechte/Mägde haben. In Wirklichkeit sind sie hochspezialisierte »Scheinselbständige« der Verarbeitungsindustrie, denen innerhalb einer stark arbeitsteiligen Produktion die Arbeitsweise genau vorgeschrieben wird, die aber das unternehmerische Risiko selber tragen. Sie sind Getriebene ihrer Kreditgeber, die fast ohne Wochenende oder Urlaub von morgens bis abends schuften – und denen letztlich egal ist, was sie anbauen, Hauptsache die Preise stimmen.

Heute sind in der Landwirtschaft rund 1,25 Millionen Personen haupt- oder nebenberuflich beschäftigt, was 530 000 Vollzeitarbeitsplätzen entspricht bzw. zwei Prozent aller Erwerbstätigen. Mit durchschnittlich 284.000 Euro Kapitaleinsatz je Erwerbstätigem gehört die Landwirtschaft zu den kapitalintensivsten Branchen der deutschen Wirtschaft (zum Vergleich: in der Industrie 172.000 Euro je Erwerbstätigem, im Handel 53.000 Euro, im Baugewerbe 34.000 Euro). 1960 hatte die Kapitalintensität in der BRD-Landwirtschaft mit umgerechnet 37.000 Euro je Arbeitsplatz noch in etwa auf dem Durchschnitt der übrigen Wirtschaft mit rund 34.000 Euro.gelegen. (Zahlen nach AgE vom 1.2.2010)

Die deutsche Landwirtschaft ist stark in den Weltmarkt eingebunden, die »Ernährungswirtschaft« macht ein Viertel ihrer Umsätze im Export, die Landtechnikindustrie sogar ein Drittel (Zahlen vom BMELV). In Euro gerechnet ist die BRD zwar Nettoimporteur von Nahrungsmitteln, gehört aber auch zu den größten Produzenten und Exporteuren – mit steigender Tendenz. Die Exporte gehen zu 80 Prozent in die EU, in großen Teilen nach USA und Russland und steigend nach China, Vietnam, Indien und Afrika. 2008 schickte die BRD 2,2 Millionen Tonnen Schweinefleisch, rund 40 Prozent der gesamten Erzeugung, ins Ausland und lag auf dem Weltmarkt an zweiter Stelle hinter den USA. Das ging einher mit einem Konzentrationsprozess: im Rekord-Exportjahr 2008 mussten 14.000 Betriebe, jeder sechste Schweinehalter, aufgeben (FR, 19.1.11). Im Krisenjahr 2009 gab es im Gegensatz zu anderen Branchen nur moderate Einbußen, beim Fleisch wurde sogar ein neues Rekord­ergebnis erzielt.

Ende einer Akkumulationsweise

Beginnend in den 70er und verstärkt in den 80er Jahren mit den Verhandlungen über die Schuldenkrise (Uruguay-Runde, WTO) wurde eine Entkoppelung der Weltmarktpreise von den Produktionskosten betrieben. Dies förderte die Konzentration und Zentralisierung des Kapitals im Agro-Food-Sektor. Im Jahr 2000 kontrollierten nur vier Unternehmen 82 Prozent des Rindfleischmarkts, 75 Prozent des Schweine- und Schaffleischmarkts; fünf Unternehmen kontrollierten 90 Prozent des internationalen Getreidehandels; drei Länder produzierten 70 Prozent der Maisexporte; die 30 größten Lebensmittelhändler kontrollierten ein Drittel des Welteinzelhandels; usw. usw. Aber trotz dieses Konzentrations- und Monopolisierungsprozesses hören seit Ende der 1970er Jahre die gewaltigen Produktivitätsfortschritte auf. Der sogenannte ­»Neo­liberalismus« hat diese Stagnation nicht aufbrechen oder überwinden können. Das Bild dreht sich: In den letzten 20 Jahren hat sich die weltweite Arbeiterklasse verdoppelt, die Nahrungsmittelproduktion hat nicht mehr die gleichen Steigerungsraten erreicht.

Die Methoden der Produktivitätssteigerung (Freisetzung von Arbeitskraft durch Einsatz von Dünger, Maschinen und Energie) stoßen an ökologische Grenzen. In Asien wird die Hälfte des Frischwassers für die Bewässerung der Reisfelder benutzt. Die globale Weizenproduktion hat sich zwischen 1950 und 1990 zwar verdreifacht, aber mittelfristig führten die industriellen Anbaumethoden mit ihren Monokulturen ohne Fruchtwechsel zur Auslaugung der Böden und Absenkung des Grundwassers z.B. im Mittleren Westen der USA, die Erträge sinken. Weizen, Soja, Mais und Reis benötigen etwa ein Drittel der weltweiten Ackerflächen. Gemessen am Düngereinsatz ist bei allen vier Getreidearten der heutige Ertrag im Vergleich zu 1961 um mehr als 70 Prozent gesunken. Per Kilo Stickstoff wurden folgende Erträge erzielt:

19612006
Weizen126 kg45 kg
Soja131 kg36 kg
Reis217 kg66 kg
Mais226 kg76 kg

Quelle: http://medienschafe.wordpress.com/2009/12/14/bodenlose-dummheit-oder-fortschritt-am-acker/

Diese Probleme sind alleine von der Landwirtschaft aus nicht lösbar. Sie markieren die Grenzen eines Akkumulationsmodells. Die »dritte technologische Revolution« hat nicht stattgefunden, sie hat vor allem Kontroll- und Informationstechnologie hervorgebracht, aber die Produktions- und Reproduktionskosten nicht weiter reduziert. Ist das Auslaufen der Produktivitätsdynamik vielleicht sogar vergleichbar mit der Krise am Ende des Feudalismus? Damals konnte eine wachsende Bevölkerung nur durch die Ausweitung der Ackerfläche ernährt werden; was zu einer ökologischen Krise führte (Wälder waren weitgehend gerodet; Holz wurde knapp; Mangel an Weideland führte zu einem Düngerproblem). Die Intensivierung der Landwirtschaft durch vermehrten Arbeitseinsatz geriet in Konkurrenz zur Arbeitskräftenachfrage in der entstehenden Industrie. Erst die Entwicklung von Maschinen, der Abbau von organischem Dünger (Guano), dann die Herstellung von Kunstdünger, sowie der koloniale Zugriff auf Land (Nordamerika) und Bauern (Indien) löste diese Probleme. (Moore; siehe Literaturliste) Die damals entstandende Konstellation scheint nun zuende zu gehen. – All diese Fragen lassen sich an China wie in einem Brennglas betrachten.

Im fernen Osten nix Neues

Jeder neuen Expansionsphase des Kapitalismus (und damit eines neuen Hegemons) ging bisher eine Revolutionierung der Agrarproduktion voran: sowohl für die eigene Bevölkerung, als auch für den Export. In China hat die Produktivität der Landwirtschaft nicht Schritt gehalten mit der Entwicklung der Industrie. Bis vor wenigen Jahren war China z. B. bei Soja-Bohnen autark, jetzt ist es der weltweit größte Importeur.

Der Aufstieg Chinas zum »Fließband der Welt« beruhte auf massenhaft in die Industriezentren migrierenden ländlichen Arbeitskräften, die noch eine minimale Subsistenzbasis auf dem Land hatten. Diese Ressourcen gehen zu Ende, mehr als die Hälfte der Leute lebt jetzt in der Stadt, und China ist eine alternde Gesellschaft.

Der Anfang März 2011 verabschiedete Fünfjahresplan soll die Quadratur des Kreises schaffen: Weg von der extremen Exportabhängigkeit der Industrie durch die Steigerung des privaten Konsums bei gleichzeitig anhaltender massiver Abwanderung vom Land (laut Plan sollen jährlich 10 bis 20 Millionen Menschen vom Land in neu zu bauende Städte migrieren; bis 2030 will das Regime Hunderte Millionen Bauern in Städte umsiedeln; das wäre die größte Wanderung der Geschichte).

Die landwirtschaftliche Produktivität müsste so rasant gesteigert werden, dass drei Ziele gleichzeitig erreicht werden können: die Freisetzung dieser vielen Millionen Arbeitskräfe, die Steigerung der produzierten Nahrungsmengen und starke Lohn­erhöhungen für die LandarbeiterInnen, um sie auf dem Land zu halten. Sie verdienen bisher 30 Prozent der städtischen ArbeiterInnen. »Wer will da freiwillig auf dem Feld arbeiten«, zitiert die SZ (8.3.2011) den Bauern Dong, »Wir sind zwar Bauern, aber wir sind nicht dumm«. »Wenn die Lücke zwischen den Verdiensten in der Landwirtschaft und der Industrie immer größer wird, dann lässt auch die Motivation der Bauern nach, und China droht eine Getreidekrise«, wird im selben Artikel ein Forscher vom Zentrum für Getreidehandel zitiert.

Die Mittel, mit denen das chinesische Regime zu diesem gewaltigen Sprung ansetzt, sind bescheiden und bekannt: Der Landbesitz soll ausgeweitet, die landwirtschaftliche Produktivität durch technische Maßnahmen gesteigert werden. Wie schon bisher kopiert China die Methoden der »Grünen Revolution«. Aber schon heute hat das dazu geführt, dass China auf zehn Prozent der Weltackerfläche ein Drittel der weltweiten Mineraldüngerproduktion verbraucht. Bestimmte Nahrungsmittel sind aufgrund ihrer hohen Pestizid-Belastung nicht »exportfähig«. Auch bei der früher nebenbei im Reisfeld betriebenen Karpfenzucht steigt der Fischmehlanteil am Futter stetig.

Daneben setzt China auf Gentechnik. Seit 1992 wird Tabak angebaut, der gegen das Tabakmosaik-Virus resistent ist, seit 1997 Baumwolle, die mit eingeschleusten Genen Insektengifte produziert; inzwischen wächst sie auf 60 Prozent der Baumwollfelder. (Parallel dazu ist China zu einem führenden Bio-Erzeuger aufgestiegen – diese Nahrungsmittel gehen vor allem in den Export, weil sie für die Massen unerschwinglich sind.) Aber jahrzehntelange Versuche mit Gentechnik in der Landwirtschaft haben zu keiner Erhöhung der Erträge geführt. Darum geht es auch gar nicht, Gentechnik macht vor allem die BäuerInnen vom Großkapital abhängig: neue Saatgutsorten, die gegen das Unkrautvernichtungsmittel desselben Herstellers resistent sind, zwingen die Landwirte, das dazu gehörende Herbizid zu kaufen, usw.

Es ist nicht zu sehen, wie das chinesische Regime dieses gigantische Vorhaben meistern will, wo es doch gleichzeitig mit den steigenden ­Forderungen der städtischen Arbeiterklasse konfrontiert ist.6

Eine Welt von Kleinbauern?

Bei der agrarpolitischen Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Mitte Januar 2011 sagte Benny Härlin von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft, es müsse eine Änderung der Agrarpolitik in Deutschland, in der EU und weltweit (geben). Hier komme es darauf an, die Kleinbauern auf dem Land zu halten...

Ehemalige Radikal-Redakteure, No-Global-Gruppen, Attac, Brot für die Welt und die Weltbank, alle wollen die KleinbäuerInnen unterstützen, um die Nahrungssicherheit zu verbessern. Das wollen aber nicht nur die alternativen, sondern auch die Mainstream KapitalistInnen. Die Agraranalystin der Deutschen Bank, Claire Schaffnit-Chatterjee, will die Produktivität von Kleinbauern in Entwicklungsländern erhöhen, dort liege »weltweit das größte Potenzial für Produktionssteigerungen«. Dabei würden auch die großen Konzerne mitmachen: »Es gibt einen Trend, dass diese Unternehmen vermehrt Kleinbauern in Entwicklungsländern in ihre Zulieferkette einbeziehen.« (FTD, 7.1.2011 – Die Angst vor dem Hunger ist zurück) Als leuchtendes Beispiel wird meistens Vietnam angeführt, hier würden sieben Millionen Kleinproduzenten, die an ein Handelsnetz angeschlossen sind, so viel Reis produzieren, dass Vietnam zum zweitgrößten Reis­exporteur wurde.

Alle wollen Zugriff auf dieses wunderbar flexible und unendlich ausbeutbare Arbeitsvermögen der (meist) Frauen auf dem Lande! Wenn es Mittel gäbe, die Leute an die Scholle zu binden und sie darauf mehr arbeiten würden, wäre die Ernährungsfrage gelöst. »Die wahre Aufgabe ... : Wie bringt man die Bauern der Welt dazu, mehr aus ihren Feldern herauszuholen?«, fragte ein Autor in der FAZ während der letzten Welle an »Brotunruhen« (Wir brauchen eine Agrarrevolution – FAZ, 13.4.2008). Walden Bello spricht in seinem Buch Politik des Hungers von einer weltweiten »Repeasantization« – Rück-Verbäuerlichung – und behauptet damit, dass sich der von Hobsbawm und Wallerstein festgestellte Trend zur Proletarisierung bzw. Semi-Proletarisierung umgekehrt habe.

Zwar haben viele Migranten die Rückkehr aufs Land als Fall-back-Option im Kopf – in der Praxis funktionierte sie allerdings selten. (Als historische Ausnahmen gelten die Auswanderung in die USA oder nach Australien, wo aus Nicht-Bauern Farmer wurden.) Die Abwanderung der Jungen in die Industriegebiete und Städte führt meist dazu, dass die wenig produktive Landwirtschaft aufgegeben wird und die zurückbleibenden Alten v. a. von den Überweisungen leben. Die Jungen kommen zwar jedes Jahr ins Dorf zurück, beginnen mit den ersten Ersparnissen den Hausbau – aber langfristig sind sie weg.

Wegen der Wirtschaftskrise sind in Griechenland vermehrt Arbeitslose auf ihr Dorf zurückgekehrt, wo sie noch ein Häuschen besitzen, und bewirt­schaften ihr brach liegendes Stück Land. Aber sie sind keine »Bauern« mehr, sondern haben das Leben in der Stadt und in der Industrie kennen gelernt und neue Bedürfnisse entwickelt.

Wenn Walden Bello aus den aktuellen Aus­einandersetzungen folgert, dass die Bauern zur »Klasse für sich« werden, geht er hinter die Inhalte der heutigen, weltweit vernetzten, sozialen Kämpfe zurück. Er legt Menschen auf eine Identität »Bauern« fest – was diese vielleicht ebenso wenig mehr sein wollen, wie weltweit die ArbeiterInnen Arbeiter bleiben wollen. Dass sie sich tatsächlich als ­»Geschwister« wahrnehmen und nicht als VertreterInnen unterschiedlicher Interessen, die im »Bündnis zwischen Arbeitern und Bauern« zu­sammengeführt werden müssen. Darin liegen ­Möglichkeiten, die weit über das hinaus gehen, was traditionell Bauernbewegungen forderten: das ­eigene Stück Land für die eigene Familie.

»Kleinbäuerliche Landwirtschaft« sichert fast nirgends mehr allein das Überleben der Haushalte. Ihre Zunahme ist ein Krisenphänomen, keine freiwillige Wahl der proletarisierten Landbevölkerung. Wenn heute in Kuba Leute im Vorort Gemüse anbauen und verkaufen, ist das Ausdruck einer Mangelwirtschaft. Kuba importiert offiziell 60-70, inoffiziell 80 Prozent des staatlichen Angebots an Nahrungsmitteln; die notgedrungene Umstellung der industrialisierten Landwirtschaft mit großen Monokulturen in Richtung einer »nachhaltigen« Produktion verläuft schleppend. Auf dem Land fehlen Arbeitskräfte, weil die Bedingungen sehr mäßig sind. Die Reform setzt auf private Anreize und Einführung marktwirtschaftlicher ­Methoden.

In Venezuela, das bei einer Urbanisierungsrate von 87 Prozent drei Viertel seiner Nahrungsmittel importiert, sind bislang alle Programme zur Rücksiedlung von Bauern und Landumverteilung gescheitert. Gerade wurde ein neues Förderprogramm für landwirtschaftliche Kleinproduzenten verabschiedet, im März soll eines für städtische Landwirtschaft folgen. Der MST, jahrelang Leuchtfeuer einer Landbesetzerbewegung in Brasilien, die sozialistische Kooperativen aufbaut, hat in den letzten Jahren damit zu kämpfen, dass viele Arme städtisches Leben und Sozial­hilfe der harten Arbeit auf dem Land vorziehen.

Trotzdem kämpfen natürlich weltweit Menschen um den Erhalt dieser Subsistenz, wenn sie ihnen durch Staudämme, Großgrundbesitzer oder Agrokonzerne genommen werden soll, da sie ihre einzige Ernährungsreserve darstellt, wenn sie ­keine Lohnarbeit finden.

Hunger gibt es vor allem auf dem Land, nicht in den Städten. Die Bedingungen in den Slums der Großstädte mögen noch so verheerend sein – hier hat man wenigstens eine Perspektive vor Augen, die herausführen könnte aus dem Elend. Die Slumcities sind Ausdruck davon, dass sehr viel mehr Menschen weltweit vom Land flüchten, als das ­Kapital aktuell verwerten kann.

In einem Artikel in Sozialgeschichte.online wirft Walden Bellos Übersetzer Max Henninger diesem zurecht »Romantizismus« vor. Dennoch hält er selbst an der Perspektive eines weltweiten Kleinbauerntums fest und wirft unserem Artikel Was nach der Bauern-Internationalen kommt (Wildcat 82) ­»Teleologie« vor, die in stalinistischer Weise die Bauern beseitigen wolle, damit aus der weltweiten Proletarisierung quasi-automatisch »die erträumte Revolution« entspränge. Wir wissen nicht, worüber wir mehr weinen sollen: dass für Max die ­Revolution keine Perspektive mehr ist, oder dass er die Bauern auf der Scholle festhalten will. Proletarisierung bzw. Semi-Proletarisierung ist der weltweit tatsächlich stattfindende Prozess, nicht unser Wunschdenken – unsere Wünsche sind deutlich anders! Wir versuchen es auf Seite 71 ff. in diesem Heft mit einem Essay zur ­Global Labor History.

Land oder Freiheit

Landarbeit bedeutet immer und überall schwere körperliche Arbeit, lange Arbeitszeiten, schlechte bzw. gar keine Bezahlung. Bauer bleiben und gut leben – das schaffen nur wenige. Das gängige kapitalistische Rezept: Unternehmer werden, sich spezialisieren, bedeutet starke Abhängigkeit von Zulieferern (Futter, Dünger, Saatgut) und Abnehmern (keine garantierten Abnahmepreise, sondern Preiskonkurrenz).

Die Slow-Food-Bewegung fährt einen anderen Ansatz (lokale Produkte und lokale AbnehmerInnen), erzielt aber nur darüber höhere Erzeugerpreise, dass sie die Nahrungsmittel an Besserverdienende verkauft, das heißt, um den Preis einer weiteren Segmentierung des Nahrungsmittelmarktes. Ohne staatliche Subventionen und die unterbezahlte Arbeit von PraktikantInnen könnte heute in der BRD kein Bio-Betrieb überleben, weil niemand die andernfalls noch höheren Preise bezahlen würde. Deshalb sinkt noch immer die Zahl der Höfe.

Wissen über bessere Anbaumethoden kann die kleinbäuerliche Landwirtschaft produktiver machen. Alternativen wären in vieler Hinsicht möglich: von Züchtung robuster Sorten, angepasst an Klimazonen, bis zur Kultivierung von Gemüse im Kompostsack. Aber jede Art von »nachhaltiger« oder »Bio-Landwirtschaft« ist mit erhöhtem Arbeitsaufwand und/oder Energieaufwand verbunden: wenn man Reisfelder nicht flutet, sondern nur feucht hält, entwickeln sich die Reispflanzen besser, aber das Unkraut schießt. Man kann es entweder mit Chemie bekämpfen, oder eben jäten.

Am Ende dreht sich immer alles um die Frage: Wer macht die Arbeit und zu welchen Bedingungen?

Fußnoten:

[1] cash crops: »Geldfrüchte«, Feldfrüchte, die nur für den (Export)markt angebaut werden und die man häufig (wie Tabak und Baumwolle) nicht essen kann.

[2] Pauly, D. 2009. Beyond duplicity and ignorance in global fisheries. Scientia Marina 73(2): 215-224.

[3] FAO 2007. The state of world fisheries and aquaculture. Rome, S. 162

[4] Deutsch et al. 2007. Feeding aquaculture growth through globalization: Exploitation of marine ecosystems for fishmeal. Global Environmental Change 17: 238-249.

[5] Zur DDR siehe Tanja Busse in: Am Ziel vorbei: die deutsche Einheit – eine Zwischenbilanz, Berlin 2005.
Auch der Sowjetunion gelang es nicht, die landwirtschaftlich Werktätigen zu entsprechenden Produktionssteigerungen zu zwingen. Von den 1880er Jahren bis 1914 war Russland ein großer Weizenexporteur gewesen. Aber obwohl die Bolschewiki mit brutalsten Methoden die Industrialisierung der Landwirtschaft vorangetrieben hatten, musste die Sowjetunion seit den 1960er Jahre immer mehr US-Weizen zur Rindermast importieren, um den wachsenden Fleischkonsum der ArbeiterInnen befriedigen zu können. Damit war offensichtlich, dass diese Art von Kapitalismus zu Ende ging.

[6]Zu China: * DIE ZEIT Nr. 10 vom 3.3.2011, Chinas große Urbanisierung; von Felix Lee. * Süddeutsche Zeitung Nr.55, 8.3.2011, »Wir sind Bauern, aber nicht dumm« Auf dem Land in China gehen die Männer lieber in die Fabrik. Die Felder werden oft zu Bauland für Wohnhäuser und Firmen. Es droht eine Getreidekrise; von Marcel Grzanna * Stephen S. Roach: Chinas Wendepunkt, http://www.project-syndicate.org/commentary/roach2/Germanvom 24.2.2011 – Roach ist Fakultätsmitglied der Yale University, nicht geschäftsführender Vorsitzender von Morgan Stanley Asia und Autor von Das neue Asien.

Literatur
  • Jason W. Moore, The End of the Road? Agricultural Revolutions in the Capitalist World-Ecology 1450-2010, in: Journal of Agrarian Change, Vol. 10, No. 3, July 2010, S. 389-413. (Moore stellt die Frage: Kann der Kapitalismus die Krise (Ende billiger Nahrung und billigen Öls) überwinden – oder gibt es einen epochalen Wendepunkt in der Beziehung von Kapitalismus und Agrarrevolution?
  • Ernst Langthaler, Landwirtschaft in der Globalisierung (1870-2000), in: Cerman, M. / Stellbauer, I. / Tost, S.: Agrarrevolutionen. Verhältnisse in der Landwirtschaft vom Neolithikum zur Globalisierung. Wien 2008.
  • Loren Goldner, Der Kommunismus ist die materielle menschliche Gemeinschaft. Amadeo Bordiga heute. Beilage zu .
  • Harry Cleaver, Nahrungsmittel, Hunger und die internationale Krise, in: Zerowork 2, 1977;deutsch in: TheKla 10.
 
 
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