Argentinien: Anpassungsmaßnahme verursacht eine weitere Provinzkrise
Die Bevölkerung von Tartagal, einer Stadt an der bolivianischen Grenze, revoltierte diese Woche, gerade als eine Delegation des Internationalen Währungsfonds in der Hauptstadt ankam, um mit der Regierung weitere Anpassungsmaßnahmen für die Provinzen zu diskutieren. Ungefähr tausend Einwohner blockierten eine Straße in Tartagal, Provinz Salta, 1600 km nordöstlich von Buenos Aires. Hier sind 65% der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter arbeitslos. Das Innenministerium schickte 300 Polizisten zur Wiederherstellung der Ordnung.
Ein ähnlicher Protest fand Mitte April in der Stadt Cutral Co in der südlichen Provinz Neuquen statt. Dort blockierten die Demonstranten die Autobahn, um auf fehlende Arbeitsplätze aufmerksam zu machen. Der nominelle Anlaß für diese Aktion war ein Lehrerstreik, aber der Grund war die Arbeitslosigkeit. Die Rebellion erreichte den Höhepunkt mit dem Eintreffen von 700 Polizisten, die die Straße unter Einsatz von Knüppeln, Tränengas, Hunden und Wasserwerfern räumten. In Cutral Co sind 35% der erwerbsfähigen Einwohner arbeitslos. Sie haben genug von den leeren Versprechungen der Regierung. Sie schossen auch in die Menge, eine vierundzwanzigjährige Frau wurde getötet.
Sowohl Tartagel als auch Cutral Co wurden nach der Privatisierung des YPF-Ölkonzerns - des profitabelsten Konzerns Argentiniens - zu Geisterstädten. Obwohl man die Ölförderung hätte fortsetzen können, beschloß der Konzern die Stillegung. Eine Welle von Arbeitslosigkeit war die Folge.
Als Konsequenz der IWF-Forderungen forderte die Regierung von allen Provinzen die Durchführung von Anpassungsmaßnahmen. Als Belohnung für Entlassungen und Schließungen winken Kredite für öffentliche Arbeiten.
Die IWF-Delegation drückte ihre Sorge über die »Ausgabenspirale in den Provinzen« aus. Im April verbrauchten die Provinzen 21% mehr als im Vorjahresmonat. Der Anteil der Provinzen an den Gesamtausgaben der öffentlichen Hand liegt bei 41%. Deshalb, so die Kreditgeber, seien Strukturreformen zur Verbesserung der Finanzdisziplin in den Provinzen notwendig. Der argentinische Wirtschaftsminister stimmte zu, das sei »unerläßlich«.
Die Krise in Tartagal, einer Stadt mit 50 000 Einwohnern ist Teil des Widerstands in der Provinz Salta gegen die Maßnahmen, die von internationalen Geldgebern vorgeschlagen und von der Regierung nachgebetet wird. Diese Woche machte die Weltbank einen $60 Millionenkredit für Salta abhängig von der Streichung weiterer 4000 Stellen im öffentlichen Dienst. Die Weltbank schlug außerdem neue Privatisierungen vor.
InterPressService, 8.5.97
Zwanzig Verletzte bei Protesten gegen Privatisierung
Laut offiziellen Mitteilungen von Polizei und Gewerkschaften gab es am Montag in der mittelargentinischen Stadt Mendoza zwanzig Verletzte bei Zusammenstößenzwischen Polizei und Gewerkschaftern. Diese stehen im Zusammenhang mit Protesten gegen Pläne zur Privatisierung von Industrien.Die Krawalle brachen aus, als die Polizei Wasserwerfer und Tränengas einsetzte, um 300 Arbeiter am Betreten des Provinzkongresses zu hindern. Dort hatte der Senat gerade ein Gesetz zur Privatisierung des provinzeigenen Stromversorgungsunternehmens verabschiedet.
Seit Präsident Carlos Menem 1989 an die Macht gekommen ist, führt die peronistische Regierung eine allumfassende Privatisierung der Industrie durch. Gewekschafter machen die Reformen für den Anstieg der Arbeitslosenquote von 7% im Jahr 89 auf 17,3% im letzten Jahr verantwortlich.
Reuter, 19. 5. 97
Fünfzig Verletzte bei Arbeiterunruhen in Nordargentinien
Dies ist schon der zweite Tag von Zusammenstößen zwischen Zuckerarbeitern, die gegen Entlassungen protestieren, und der Polizei in einer der ärmsten Provinzen Argentiniens. Es gab mehr als fünfzig Verletzte.
Fernsehaufnahmen zeigten, wie amDienstag und Mittwoch die Grenzpolizei in der Provinz Jujuy Tränengas und Gummigeschosse einsetzte, um die Menge zu zerstreuen.
Die Gewalt brach aus, als die Polizei Straßenblockaden auflöste, die Arbeiter der Zuckerraffinerie errichtet hatten, um gegen jüngste Kündigungen und, in einigen Fällen, unbezahlte Löhne zu demonstrieren. Örtliche Gewerkschaftsführer riefen einen 24stündigen Generalstreik gegen die Polizeiaktionen und die Austeritätsmaßnahmen der Regierung aus.
Ungefähr 4000 Leute haben in den letzten Jahren in Jujuy ihren Arbeitsplatz wegen Kürzungen in der Zuckerindustrie verloren. Die Provinz an der Grenze zu Bolivien hat eine Arbeitslosenquote von 40%.
AP, 22.5.97