Wildcat-Zirkular Nr. 50/51 - Mai/Juni 1999 - S. 15-16 [z50gesch.htm]


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Die Solidaritätsmesse

»Humanitäre« Hilfe in Albanien: ein einträgliches Geschäft

(...) Die Italiener lassen sich »ihre« Lager in Albanien und Mazedonien ein gutes Stück mehr kosten als die anderen Länder. Ein Großteil davon geht für das üppig bemessene Personal drauf. Das Zahlenverhältnis von Helfern zu Flüchtlingen in den italienischen Lagern läßt die anderen beteiligten Länder vor Neid erblassen. Es scheint aber, daß es bei der italienischen Hilfe in Wirklichkeit nicht hauptsächlich um Hilfe für die hier gestrandeten Menschen oder um Solidarität geht, sondern darum, die Rolle Italiens am Verhandlungstisch zu stärken ... und die italienische Präsenz in Wirtschaft und Politik dieser Länder auszuweiten (geht es bei dem Konflikt nicht eigentlich sowieso um den Kampf um die - europäische oder US-amerikanische Hegemonie auf dem Balkan?). Außerdem machen sich die verschiedenen italienischen Institutionen untereinander Konkurrenz.

Und die anderen Länder scheinen trotz niedrigerer Ausgaben aus denselben Gründen dort zu sein. Im Ergebnis haben diese von außen kommenden Ressourcen extreme Folgen für die lokale Situation, vor allem in Albanien. Albanien ist ein sehr armes Land. Es gibt praktisch keine produktive Struktur und einen nicht groß regierungsfähigen Staat. Faktisch wird das Land von außen gesteuert und von supranationalen Institutionen regiert ... Laut einer offiziös in Tirana kursierenden Zahl landen 80 Prozent der ausländischen Mittel (ohne die direkt von ausländischen Agenturen verwalteten) in den Kanälen der Korruption.

Die Kosovo-Flüchtlinge fielen in so einem Land also im wahrsten Sinne wie Manna vom Himmel. Die in Albanien eh schon zahlreich vertretenen »humanitären« Organisationen aus aller Welt haben sich noch vervielfacht und bringen Geld und Leute, die noch mehr Geld ausgeben.

Die Preise für Wohnungen und Dienstleistungen sind stark angestiegen. Der Konsum, den diese Geldströme erzeugen, besteht ausschließlich aus Importen: Albanien selbst wird - nach dem Goldrausch - nichts bleiben. Die entscheidenden »Dienstleistungen« (Restaurants, Hotels, Telekommunikation) befinden sich in ausländischer Hand. Das Hotel Tirana mit seinen mitteleuropäischen Hauptstadtpreisen und seinem Publikum aus Militärs, Journalisten und UNO-Funktionären wird von einer Turiner Firma geleitet. Wenn die Ausländer Albanien wieder verlassen haben, wird nur die Korruption und die Gewalt bleiben. (...)

Aus einem Bericht von Alberto Sciortino von der Organisation Ciss (Cooperazione Internazionale Sud Sud) aus Palermo

Auszüge aus einem Artikel in der anarchistischen Zeitung Umanità Nova aus Italien vom 30.5.99


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