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Verkettete EreignisseRezension der italienischen Ausgabe von Steve Wrights Storming Heaven von Ferruccio GambinoSteve Wright, dem bekannten australischen Forscher der Bewegungen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, verdanken wir diesen Band, der den Weg von Classe Operaia (1964-67), Potere Operaio (1969-73) und der Autonomia Operaia (1973-79) beschreibt: L'assalto al cielo. Per una storia dell'operaismo (mit einem Nachwort von Riccardo Bellofiore und Massimiliano Tomba), Rom Edizioni Alegre, 2008, 334 Seiten, 20 Euro). Dank eines neuen Interesses am Operaismus, wie Bellofiore und Tomba es in ihrem Nachwort feststellen, folgt der englischen Erstauflage von 2002 und der deutschen von 2005 nun die italienische in der Übersetzung von Willer Montefusco. Steve Wright rekonstruiert diese Geschichte, die allzu lange den Plädoyers der verschiedenen Gerichte überlassen war – mit Ausnahme des wichtigen Beitrags von Franco Berardi (La nefasta utopia di Potere Operaio, Rom, Castelvecchi, 2003). Mit bemerkenswerter Sensibilität, die vielleicht auch von der wechselhaften Geschichte der von ihm erforschten Arbeiterbewegungen geweckt wurde, bietet der Autor eine originelle und informierte Interpretation der Debatte, die den Operaismus der 60er und 70er Jahre prägte. Wenn wir von Operaismus sprechen, müssen wir uns erklären. Denn es ist ein schwer zu ertragender Begriff für jemanden, der für die Überwindung der Arbeiterarbeit und gegen die Lohnsklaverei kämpft, wie unsere großen Brüder, die Industrial Workers of the World, zu Beginn des 20. Jahrhunderts so richtig sagten. Da dieser ismus im politischen Sprachgebrauch geläufig geworden ist, muss man meiner Ansicht nach darauf hinweisen, dass es bisher mindestens drei Operaismen gab: zuerst den Operaismus, der gegen diese Arbeit und gegen die Sinnlosigkeit dieses Akkumulationssystems kämpfte; dann den Operaismus derjenigen, die neue Arbeiterthemen in den Institutionen der Arbeiterbewegung einzuführen versuchten, und schließlich den Operaismus derer, die eine militärische Basis in den Fabriken rekrutieren und eine bewaffnete Partei bolschewistischer Prägung aufbauen wollten. Den ersten Operaismus nenne ich den anti-akkumulativen, den zweiten den institutionellen und den dritten den Rekrutierungs-Operaismus. Zuweilen haben sich diese Positionen teilweise überlagert. Zum Beispiel hat sich der lange Schatten des Bolschewismus unterschiedlich auf diese drei Panoramen gelegt, und eine ganze Reihe von Erscheinungen hervorgebracht, die den Versuchungen der antiken ägyptischen Gottheiten zum Schaden der christlichen Ahnväter in der Wüste glichen. Insgesamt jedoch sind die Grenzen unterscheidbar. Im vorliegenden Band beschäftigt sich Steve Wright mit dem ersten der drei Operaismen, dem bei weitem originellsten. Der Autor widmet die ersten beiden Kapitel den schwierigen Bedingungen, unter denen jene Linke an den Rändern von KPI und PSI einen Weg aus den Engpässen der 50er Jahre zu finden versuchten, während der grotesken Blockkonfrontation des Kalten Kriegs. Die zentrale Figur dieser Suche war Raniero Panzieri. Sein Programm, »den Marxismus seinem natürlichen Terrain, dem Terrain der permanenten Kritik, zurückzugeben«, fand zumeist unter einer Minderheit junger Intellektueller Aufmerksamkeit, die um die beiden Parteien kreisten oder gewaltlose Strategien ausprobiert hatten, zum Beispiel Goffredo Fofi, Mauro Gobbini und Giovanni Mottura. Wie Franco Fortini beobachtet hatte, waren sehr wenige politische Kräfte bereit, sich gegen die Reglementierung zu positionieren, unter der sich Millionen von Menschen auf der Suche nach einem Lohn vom Land in die Industrie oder ins Ausland aufmachten, in einem Prozess, den die Herren des Dampfs und die Partei der Christdemokraten oft mit Kompromissen zwischen Schlafstadt und Kaserne beförderten. Von den harten Bedingungen, unter denen diese Binnenmigranten in der Industrie arbeiteten, wusste man sehr wenig, und das Wenige wurde in der politischen Arena nicht erwähnt. Mit Quaderni Rossi, der von Panzieri geleiteten Zeitschrift, wurde der Zauber durchbrochen. Die Zeiten und Formen der industriellen Ausbeutung wurden endlich zum politischen Thema, ausgehend von den Arbeitsbedingungen in der Fabrikstadt Turin. Richtigerweise spürt Wright in der Kategorie »Klassenzusammensetzung« den roten Faden auf, entlang dem sich sowohl die Erfahrung der Quaderni Rossi als auch der Gruppe entfaltete, die sich 1964 abspaltete, um die Zeitschrift Classe Operaia zu gründen. Wright verfolgt die weitere Entwicklung von Quaderni Rossi nach dieser Abspaltung nicht, es muss aber darauf hingewiesen werden, dass die Arbeit dieser von Vittorio Rieser geleiteten Zeitschrift weiterhin unerlässliches Material für jene jungen Militanten lieferte, die sich Ende der 60er Jahre auf die Intervention in die Fabriken vorbereiteten. Classe Operaia war ein Versuch, der damit begann, dass man der Arbeiterklasse in Italien das Merkmal »kompakte soziale Masse« absprach. Wenn überhaupt, so ist die Homogenität »ein Ziel des Kampfes«, aber nur unter der Voraussetzung, dass sie Position im Konflikt ergreift und von innen heraus »die extreme Differenzierung zwischen den kapitalistischen Ausbeutungsniveaus in den verschiedenen Regionen, Branchen und Unternehmen« enthüllt«, wie Romano Alquati 1965 schrieb. Wright stellt den Beitrag von Mario Tronti, dem Herausgeber von Classe Operaia, an erste Stelle, demzufolge der von den Ökonomisten der Entwicklung versteinerte Marx, der Wissenschaftler der Kapitalbewegungen, viel zu lange den Marx der Revolution gegen das Kapital und des Primats der Arbeiterinitiative verdeckt hat. Nachdem man die alten Gewissheiten der Linksparteien verlassen hatte, wurde die Fahrt unsicher. In der Phase der Quaderni Rossi hatte man die Schriften einiger US-amerikanischer Industriesoziologen zuhilfe genommen, die nicht auf der Linie der herrschenden Soziologie lagen, vor allem Alvin Gouldner; nun aber musste man sich nolens volens auf unerforschtes Terrain begeben, um zum Beispiel zu zeigen, dass die Proletarisierung in Italien Teil einer weltweiten Tendenz war und dass es in diesem Prozess bereits zu großen Brüchen in der vorgegebenen sozialistischen Harmonie gekommen war, wie zum Beispiel beim Aufstand in Ungarn 1956. Wie viele Kräfte man gegen die behauptete Unerbittlichkeit des kapitalistischen Gangs in Italien auch aufbieten konnte, einigen bei Classe Operaia wurde klar, dass die Linksparteien stumpfe Werkzeuge waren und dass man auch in anderen Ländern nach Kampferfahrungen gegen die herrschende Ordnung suchen musste. Das Ende von Classe Operaia, ein vom Herausgeber beschlossenes Ende, der hernach wieder in die KPI eintrat, machte viele Militante ratlos. Nach einem langen 1967 bestätigten endlich das internationale 1968 und das italienische 1969, dass man außerhalb der Institutionen der Arbeiterbewegung Politik machen konnte. Aber auch heute noch kapieren wenige, dass diese Aufstände ausbrachen, nachdem die Revolte der Afroamerikaner und der Arbeiter in Detroit des Sommers 1967 bereits von der 82. Luftlandedivsion blutig niedergeschlagen worden war. Daran muss man zumindest diejenigen erinnern, die von den Wundern der sogenannten Dreißig Glorreichen Jahre (1946-1975) singen, als es sich die Arbeiterklasse im Wohlfahrtsstaat angeblich gut gehen ließ. Wright knüpft noch einmal an den Fäden der mit den Ereignissen von 1968-69 verbundenen Debatte an, mit der die Reste von Classe Operaia, die nicht in die Reihen der Linken zurückgekehrt waren, die Gruppe Potere Operaio gegründet hatten. Das waren vor allem Militanten, die diese Entscheidungen vor allem dank des Werks der Orientierung und der politischen Aktion von Toni Negri und von anderen Aktivisten wie Guido Bianchini und Luciano Ferrari Bravo getroffen hatten, die sich in der Endphase von Classe Operaia um die Zeitschrift Potere Operaio veneto-emiliano gesammelt hatten. Zur Gruppe Potere Operaio ist viel Tinte vergossen worden, vor allem von den Staatsanwälten in den gegen die Militanten von Potere Operaio angestrengten Prozessen, und von ihren Epigonen. Im Gegensatz dazu gelingt es Wright, seinen Bericht und sein Urteil abzuwägen, indem er sowohl die Konvergenz- als auch die Konfliktlinien der bereits aktiven, unterschiedlichen – und in einigen Fällen heterogenen – Komponenten aufzeigt, die in Potere Operaio eingingen. Es sei hinzugefügt, dass sich die Situation auf internationaler Ebene im Westen bereits zu schließen beginnt, als die erste Nummer der gleichnamigen Zeitschrift erscheint (September 1969), wenn auch weniger hart als es bereits zuvor in den Volksdemokratien mit den sowjetischen Panzern in Prag (August 1968) geschehen war. Potere Operaio findet sich eingeklemmt zwischen der schleichenden Repression gegenüber seinen Aktivisten in den Fabriken und der Legitimierung der Gewerkschaften vonseiten der Unternehmer und des Staates nach der Verabschiedung des Statuto dei Lavoratori (1970). Wie es bereits andernorts passiert war, löste der Auszug einer ganzen Gruppe von Feministinnen analog dazu eine Debatte aus, die sich bereits außerhalb der traditionellen Schemata entwickelte und die sich in fast allen politischen Gruppierungen geltend machte. Bezüglich der Initiativen in der Süditalienfrage enthielt sich Potere Operaio der einfachen Lösung, die Unzufriedenheit zu organisieren und versuchte stattdessen, Kader zu bilden, die in der Lage wären, Kämpfe von langem Atem zu führen, wofür die traditionellen Parteien jedoch überzeugendere Garantien gegen die Isolierung anzubieten schienen. Leider weit entfernt von den medialen Scheinwerfern, aber hartnäckig, blieb der ökologische Kampf, der sich in der Defensive als Arbeiterkampf gegen die Schäden verursachende Industrie und gegen das Tauschgeschäft mit der Gesundheit einreihte. Auf der Ebene der allgemeinen Politik richtete sich der skrupellose Gebrauch der Kurzarbeit, die industrielle Umstrukturierung, die Ausbreitung der Kleinfabrik zur Umgehung des Statuto dei Lavoratori und städtebauliche Entscheidungen nach den strategischen Entscheidung des industriellen Kapitals, die in anderen Ländern ganze Branchen mit einer kämpferischen Arbeiterklasse obsolet machten, wie im Ruhrgebiet oder in Michigan. Diesbezüglich war der von Luciano Ferrari Bravo herausgegebene Sammelband Imperialismo e classe operaia multinazionale (Feltrinelli 1975; Imperialismus und multinationale Arbeiterklasse) eine beachtliche Vorwegnahme beim Verständnis globaler Tendenzen. Die Maßnahmen industrieller Verlagerung und diesbezüglicher sozialer Abfederungen schienen wenig zu tun zu haben mit der Strategie der Spannung und den staatlichen Blutbädern (unter anderem sei hier an den hohen Preis in Form von Repressionen erinnert, den Potere Operaio im Dezember 1971, als einzige, für die erste Mailänder Massendemo zum Jahrestag des Blutbads der Piazza Fontana bezahlen musste). In Wirklichkeit benutzten die herrschenden Kreise in jenen Jahren massenhaft die Kombination von Angstmache und Schmeicheleien auf dem Feld, wo die Kräfteverhältnisse mit den »gefährlichen Klassen« ausgekämpft werden, bis dahin, dass die Zügel der öffentlichen Ausgaben bis zur bodenlosen Verschuldung in den 80er Jahren gelockert wurden. Wie Wright bemerkt, betrafen die entscheidenden Divergenzen innerhalb von Potere Operaio die Frage, welches Gewicht man den Bewegungen des Feindes zumessen solle. Hier kam es zu den ersten Ausstiegen, und schlimmer noch, die bolschewistische Verführung der zwei Momente, Avantgarde und Masse, drang ein. Vielleicht in dieser Auftrennung, von der damals Mario Dalmaviva feststellte, dass sie von den Ausgebeuteten nicht legitimiert wurde, wurde die Figur aufgestellt, die Avantgarde und Masse zusammenhalten sollte, Toni Negris Figur des gesellschaftlichen Arbeiters (Kapitel 7). In der Zwischenzeit rückte ein ganz anderer Operaismus vor, jener der Rekrutierung, der das »fern(seh)gesteuerte Volk« verloren gab und die Fabrik als Auswahlfeld für die bewaffnete Partei entdeckte. Wright widmet die beiden Schlusskapitel der Geschichte des Massenarbeiters und dem Zusammenbruch des Operaismus. Im ersten der beiden untersucht er eingehend die Arbeiten von Sergio Bologna, Karl-Heinz Roth und anderen, und bietet eine Übersicht über die Themen der Zeitschrift Primo Maggio. Im zweiten werden die Alternativen zwischen den Verfechtern des Bürgerkriegs und den Libertären aufgezeigt, die im September 1977 in Bologna aufeinanderprallten. Die ersten behielten die Oberhand im Innern dessen, was von der außerparlamentarischen Linken übrig geblieben war, während die Minderheitenmeinung des Operaismus hartnäckig von den Comitati autonomi operai aus Rom verteidigt wurde. Die Verhaftungswelle, die mit dem 7. April und in den folgenden Monaten über die Aktivisten von Potere Operaio hereinbrach, vereinfachte sozusagen die Debatte, indem sie den Aktivisten die alte Frage stellte: »auf wessen Seite stehst du?« Die operaistische Debatte wurde durch das Walzwerk des Knasts und des Exils geschickt, und stellte so noch einmal ihre einzigartige kosmopolitische Berufung unter Beweis. Zu ihrem Glück, und auch dank Steve Wright, ist sie fast immer entfernt geblieben vom freien Markt der Ideen. Ferruccio Gambino |
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